Zusammenfassung
Die therapeutische Anwendung von Botulinustoxin A stellt beim essentiellen Blepharospasmus
eine echte Alternative zur operativen Therapie dar, wenn auch die Erfolge nicht in
allen Fällen überzeugend sind und sich oft erst nach mehreren Injektionen einstellen.
Der Effekt der Injektionen dauert einige Wochen bis mehrere Monate. Die nach gewisser
Zeit besonders bei wiederholten Injektionen entstehende Denervationsatrophie des Orbicularis
ist erwünscht und kann sich therapeutisch günstig auswirken. Immer noch bleibt eine
gewisse Anzahl von schweren Fällen, wo man ohne chirurgische Intervention (Orbikularisexstirpation,
selektive Neurektomie des N. facialis) nicht auskommen kann. Beim Strabismus paralyticus
ist das Botulinustoxin A vor allem geeignet, der Kontraktur des homolateralen Antagonisten
vorzubeugen und entweder eine Spontanheilung und Wiederherstellung der Parallelität
der Augachsen zu erleichtern oder bei Nichtheilung zum mindesten die operative Korrektur
zu erleichtern, indem eventuell die Abschwächung des homolateralen Antagonisten weggelassen
werden kann. In Fällen leichterer Paresen, die im Laufe von Wochen oder Monaten vollkommen
ausheilen, erleichtert die vorübergehende muskelabschwächende Wirkung des Toxins auf
den Antagonisten die Wiederherstellung des binokularen Einfachsehens. Bei Myopathien
(endokrine Ophthalmopathie etc.) mit bindegewebiger Muskelkontraktur ist der Effekt
des Toxins weniger günstig oder überhaupt nicht zu beobachten. Beim Strabismus concomitans
kann die Methode der Muskelabschwächung mit Botulinustoxin A vor allem bei primär
kleinem Schielwinkel oder in Fällen eines Restwinkels nach einer Operation erfolgreiche
Anwendung finden, wobei vor allem Erwachsene in Frage kommen. Es scheint, dass die
günstigsten Resultate durch die Anwendung von mehrmals wiederholten kleinen Dosen
erreicht werden. Im Durchschnitt kann eine 70%ige Reduktion des horizontalen Schielwinkels
nach 2 Injektionen pro Fall konstatiert werden. Weitere Anwendungsmöglichkeiten des
Botulinustoxins sind die Abschwächung des Levator palpebrae bei Retraktion des Oberlides
(Exophthalmus, endokrine Ophthalmopathie etc.) oder Lagophthalmus bei Facialisparese
zur Vermeidung einer Keratitis e Lagophthalmo. Über die Therapie des Nystagmus kongenitaler
oder erworbener Natur haben wir noch keine eigenen Erfahrungen. Symptome einer allgemeinen
systemischen Wirkung des Toxins wurden bis heute nicht beobachtet, ebenso auch keine
schädigenden Einwirkungen auf Pupille, Akkommodation, Sehschärfe und Funktion des
N. opticus.
Summary
Botulin toxin A was introduced as a treatment in ophthalmology by Dr. Scott of San
Francisco. One important application is in cases of blepharospasm, where the toxin
is injected into the lateral parts of the lower and upper lid and, if necessary, over
the eyebrows in a single dose of 1-2 nanograms, preferably using a needle under electromyographic
control. The effect on the blepharospasm is visible after a few days and lasts for
several months. The procedure can be repeated several times. The second application
is in cases of strabismus. In paralytic strabismus, contracture of the antagonist
of the paralyzed muscle can be weakened by local injection of botulin toxin with a
coaxial electrode under electromyographic control. Good results were observed in cases
of eye muscle disorders in endocrine ophthalmopathy. In concomitant strabismus (exotropia
or esotropia) administration of botulin toxin is also possible although a certain
paresis of the injected muscle has to be taken into account. The doses for strabismus
vary between 1/2 and 2 nanograms of the toxin. The administration of botulin toxin
either in blepharospasm or strabismus has no systemic side effects and is a safe procedure
if performed under careful electromyographic control. First personal experiences in
the treatment both of blepharospasmus as well paralytic strabismus and concomitant
strabismus are reported.