Dialyse aktuell 2008; 12(1): 50
DOI: 10.1055/s-2008-1064892
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Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist Vorsicht geboten - Wenn Kontrastmittel auf die Nieren schlagen ...

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Publication Date:
11 March 2008 (online)

 
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Egal ob mit iodhaltigen Röntgenkontrastmitteln oder gadoliniumhaltigen MRT-Kontrastmitteln - die radiologische Bildgebung ist aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. "Pro Jahr werden heute weltweit etwa 80 Millionen Kontrastmitteluntersuchungen mit etwa 8 Millionen Litern Kontrastmittel durchgeführt", konstatierte Prof. Walter H. Hörl, Wien (Österreich) - mit steigender Tendenz.

Im Regelfall sind die Verfahren risikoarm. Bei älteren und multimorbiden Patienten (z. B. Diabetes mellitus, kardiale Erkrankungen) und vor allem dann, wenn bereits eine Niereninsuffizienz besteht, ist allerdings Vorsicht geboten. Dabei gilt: Je stärker die Nierenfunktion beeinträchtigt ist, desto höher ist auch die Gefahr, dass das eingesetzte Kontrastmittel "auf die Nieren schlägt" und der Patient eine kontrastmittelinduzierte Nephropathie entwickelt, erklärte Hörl.

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Risiko lässt sich relativ leicht reduzieren

Bei Nierengesunden erreicht die Nierenfunktion in diesem Fall meist innerhalb eines Monats wieder normale Werte. Vor allem bei Risikopatienten kann sie jedoch zu einer dauerhaften Dialysepflicht führen. Doch auch in diesem Patientenklientel lässt sich das Risiko für eine kontrastmittelinduzierte Nephropathie zum Teil durch relativ einfache "Sicherheitsvorkehrungen", zum Teil aber auch aufwendige Maßnahmen signifikant reduzieren, berichtete Hörl:

  • orale und/oder intravenöse Flüssigkeitszufuhr (0,9%ige Natriumchlorid- oder Bikarbonatlösung)

  • Minimierung des Kontrastmittelvolumens

  • Gabe von Adenosinantagonisten (z. B. Theophyllin), Acetylcystein oder Vitamin C

  • anschließende Hämofiltration

  • Einsatz von niedrig- oder isoosmolaren Kontrastmitteln.

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Nephrogene systemische Fibrose - eine neue Gefahr für Nierenkranke?

Die nephrogene systemische Fibrose (NSF) ist ein noch relativ neues Krankheitsbild, das vor rund zehn Jahren zum ersten Mal beobachtet wurde. Inzwischen werden die weltweit rund 220 bekannten Fälle der Erkrankung, die nur bei niereninsuffizienten Patienten auftritt (90% waren dialysepflichtig), mit der Applikation von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln in Verbindung gebracht. Anscheinend kann Gadolinium vor allem bei dialysepflichtigen Patienten in der Folge nach einem gefäßschädigenden Ereignis (z. B. Entzündung, Thrombose, Operation) diese systemische Vermehrung fibroblastenähnlicher Zellen, die hauptsächlich in den Extremitäten, weniger häufig am Stamm auftritt, induzieren. Das Risiko für Dialysepatienten wird derzeit auf etwa 3% geschätzt.

Klinische Symptomatik

Klinisch imponiert die nephrogene systemische Fibrose als pflastersteinartige bräunliche Plaques, die mit Pruritus und Schmerzen assoziiert sind. "Meist sind diese Hautveränderungen besser tast- als sichtbar und sind oft leicht mit peripheren Ödemen oder anderen Hauterkrankungen zu verwechseln", erläuterte Prof. Peter Gross, München. Schon innerhalb kurzer Zeit aber entwickeln sich holzartige Verhärtungen der Haut und der Muskulatur, die zu schweren Gelenkkontrakturen führen, sodass die Betroffenen häufig an den Rollstuhl gefesselt sind. Manchmal verläuft die Krankheit auch systemisch. Sind Herz und Lunge, Ösophagus und Zwerchfell betroffen, versterben etwa 5% der Patienten.

Klasseneffekt sehr wahrscheinlich

Die meisten NSF-Meldungen gibt es derzeit in Verbindung mit OmniscanTM, das auch eines der beiden meistverwendeten gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln, ist. Betroffen sind aber auch andere Substanzen, wie beispielsweise Magnevist®, Optimark® oder ProHance®, berichtete Gross. Dementsprechend wurden alle gadoliniumhaltigen Kontrastmittel mit einem Warnhinweis oder einer Kontraindikation für Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (GFR < 30 ml/min/1,73 m2) versehen.

Trotz dieses potenziellen Risikos dürften auch schwer nierenkranken Patienten dringende MRT-Untersuchungen nicht vorenthalten werden, plädierte Gross und empfahl, den behandelnden Nephrologen in die individuelle Nutzen-Risiko-Abschätzung einzubeziehen.

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Wahl des Kontrastmittels spielt eine große Rolle

Während hochosmolare Kontrastmittel bereits seit dem Jahr 2000 aufgrund ihrer relativ hohen Nebenwirkungsraten nicht mehr intravasal eingesetzt werden dürfen, werden potenzielle Unterschiede zwischen isoosmolaren Substanzen, wie beispielsweise Iodixanol (VisipayueTM) und niedrigosmolaren Kontrastmitteln bezüglich ihres nephrotoxischen Effekts derzeit kontrovers diskutiert.

Möglicherweise - dies zumindest legen die Ergebnisse einer aktuellen Metaanalyse (n = 2727) nahe - haben hier isoosmolare Kontrastmittel "die Nase vorn" [1]: Denn der Einsatz von Iodixanol war im Vergleich zu verschiedenen niedrigosmolaren Kontrastmitteln mit einer signifikant geringeren Rate an kontrastmittelinduzierten Nephropathien assoziiert, vor allem bei Hochrisikopatienten mit chronischen Nierenerkrankungen plus Diabetes (3,5 versus 15,5%). Die im letzten Jahr publizierte CARE[1]-Studie [2] konnte diesen Vorteil allerdings nicht bestätigen, konstatierte Hörl.

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Leitlinien empfehlen den Einsatz isoosmolarer Kontrastmittel

Klar Stellung beziehen die aktuellen Leitlinien des "American College of Cardiology" (ACC) und der "American Heart Association", welche den Einsatz isoosmolarer Kontrastmittel bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion mit oder ohne Diabetes empfehlen, um das Risiko einer kontrastmittelinduzierten Nephropathie zu minimieren. Auch anderen aktuellen Studienergebnissen tragen sie Rechnung und stufen einen Anstieg des Serumkreatinins als unabhängigen Risikofaktor für Mortalität und kardiovaskuläre Ereignisse ein.

sts

Quelle: Pressekonferenz "Wenn Kontrastmittel auf die Niere schlagen", veranstaltet von der GE Healthcare Buchler GmbH & Co.KG, Braunschweig - München

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Literatur

  • 01 McCullough PA . et al . J Am Coll Cardiol. 2006;  692-699
  • 02 Solomon RJ . et al . Circulation. 2007;  115 (25) 3189-3196

01 Cardiac Angiography in REnally impaired patients

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Literatur

  • 01 McCullough PA . et al . J Am Coll Cardiol. 2006;  692-699
  • 02 Solomon RJ . et al . Circulation. 2007;  115 (25) 3189-3196

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