Dialyse aktuell 2008; 12(1): 18
DOI: 10.1055/s-2008-1066536
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Neue Pflichten im Arbeitsschutz - Blutentnahmen nur mit verletzungssicheren Instrumenten

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Ines Landschek

Berlin

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Publication Date:
11 March 2008 (online)

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Seit gut einem halben Jahr ist die Übergangsfrist der Novellierung der technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe 250 (TRBA 250) nun abgelaufen. Was hat sich damit verändert, was muss der Arzt seitdem zum Schutz seiner Mitarbeiter unternehmen?

Dr. Stefan Baars vom Gewerbeaufsichtsamt Hannover empfiehlt niedergelassenen Ärzten, komplett auf verletzungssichere Instrumente umzustellen. „Die strengen Schutzvorgaben gelten für alle Tätigkeiten, bei denen Körperflüssigkeit in 'infektionsrelevanter Menge' übertragen werden kann, etwa bei Blutentnahmen und Injektionen. Ärzte, die weiterhin herkömmliche Instrumente benutzen, müssen das gut begründen und natürlich dokumentieren”, so Baars. Ein nicht unerheblicher bürokratischer Aufwand.

Dr. Klaus-Günther Heinze, ärztlicher Leiter des Zentrallaboratoriums im Martin-Luther Krankenhaus Berlin, empfiehlt den Ärzten, sich mit ihrem Laborpartner in Verbindung zu setzen. Die meisten Labore bieten sichere Instrumente von verschiedenen Herstellern an. „Die Mehrkosten halten sich in Grenzen”, so Heinze weiter, „eine Komplettumstellung auf sichere Blutentnahmesysteme wird eine durchschnittliche Arztpraxis jährlich um 60-100 Euro zusätzlich belasten.” Mit steigendem Absatz der Geräte würden auch die Preise weiter sinken.

Jede Nadelstichverletzung ist meldepflichtig

Nadelstichverletzungen sind gar nicht so selten. Unter Hektik und Zeitdruck, bei der Entsorgung der Instrumente oder beim sogenannten „Recapping”, bei dem die Kappe unvorschriftsmäßig wieder auf die Nadel gesetzt wird, kann es sehr schnell vorkommen, dass sich die Helferin oder der Arzt verletzt. Meist wird das als Bagatelle abgetan, „aber das ist sie nicht, sondern jede Nadelstichverletzung ist meldepflichtig”, so Dr. Stefan Baars, Hannover. Warum so viel Akribie? Baars beschreibt die Prävalenzen so: „Jede Nadelstichverletzung birgt das Risiko einer Infektion. Nach einer Nadelstichverletzung bei einem infektiösen „Spender” beträgt das Infektionsrisiko für HBV (Hepatitis-B-Virus) mindestens 30 %, für HCV (Hepatitis-C-Virus) mindestens 3 % und für HIV (humanes Immundefizienzvirus) rund 0,3 % am nicht behandelten Patienten.”

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Die technische Regel ist faktisch verbindlich

Der Einsatz von sicheren Instrumenten ist Pflicht. Um diese gesetzliche Forderung zu unterstreichen, hat der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) bereits im Mai 2006 eine Verschärfung der TRBA 250 verabschiedet. Die jetzt gültige Fassung verschärft die bisherige Formulierung, (konventionelle Instrumente) „sollen ersetzt werden” zu einem klaren „sind zu ersetzen”.

„Die TRBA 250 stellen als technische Regeln zwar keine unmittelbar verbindlichen Rechtsvorschriften dar, sie entfalten aber eine faktische Verbindlichkeitswirkung”, sagte der Mediziner und Anwalt für Medizinrecht Dr. jur. Dr. med. Adem Koyuncu, Frankfurt/Main. Sollten sich Beschäftigte der Arztpraxis oder Patienten infolge der Nichtbeachtung der TRBA 250 verletzen, drohten dem Praxisinhaber vor allem strafrechtliche, haftungsrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Konsequenzen. Wer als Praxisinhaber und Arbeitgeber die TRBA 250 nicht kenne oder ignoriere, handelt der Biostoffverordnung zuwider. Kontrolliert wird die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben von Versicherern und Gewerbeaufsichtsämtern.

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Ausnahmen erfordern erheblichen Aufwand

Unter besonderen Voraussetzungen gäbe es Ausnahmen, so Koyuncu. Der Arzt müsse aber geeignete und zweckmäßige alternative Schutzmaßnahmen treffen. Wenn er weiterhin auf verletzungssichere Instrumente verzichten möchte, hat er allerdings einen erheblichen bürokratischen Aufwand.

„Der Arzt muss unter Beteiligung eines Betriebsarztes in einer gesondert dokumentierten Gefährdungsbeurteilung darlegen, dass seine Mitarbeiter unter anderem durch regelmäßige Schulungen und festgelegte Arbeitsabläufe, die auch in Notfallsituationen nicht umgangen werden können, gleichwertig geschützt sind.” Er muss auch ein erprobtes und sicheres Entsorgungssystem für verwendete Instrumente nachweisen. Infiziert sich der Mitarbeiter dann doch, steht der Arzt in der Rechtfertigungspflicht. Die Frage - wäre die Verletzung auch mit sicheren Instrumenten passiert? - ist nicht so leicht zu beantworten.

Nicht nur in juristischen Fachkreisen mutmaßt man, dass künftig wohl auch bei Blutentnahmen und Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten die Verwendung der sicheren Arbeitsgeräte zum Regelfall werden dürfte.

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Ines Landschek

Berlin

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Ines Landschek

Berlin