Rofo 2008; 180(5): 480-482
DOI: 10.1055/s-2008-1075124
DRG-Mitteilungen
Radiologie und Recht
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Inanspruchnahme von Radiologen

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Publication History

Publication Date:
08 May 2008 (online)

 
Table of Contents
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Einführung

Wirtschaftliches Risiko unter Berücksichtigung der zeitlichen Begrenzung etwaiger Honorarrückforderungen durch die Kassenärztliche Vereinigung

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1. Überweisungsarten

Die Voraussetzungen der Inanspruchnahme von Radiologen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sind in § 13 Abs. 4 BMV-Ä geregelt. Hiernach können unter anderem Ärzte für Radiologische Diagnostik bzw. Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden. Die möglichen Überweisungsarten sind in § 24 Abs. 3 BMV-Ä festgelegt. Es wird eine bewusste Trennung zwischen folgenden Überweisungsarten vorgenommen:

  • Auftragsleistung

  • Konsiliaruntersuchung

  • Mitbehandlung

  • Weiterbehandlung

Von der von dem Überweiser festgelegten Überweisungsart hängt ab, welche radiologischen Leistungen der Radiologe (abrechnungsfähig) erbringen darf, da die Bindungswirkungen der einzelnen Überweisungsarten für den Radiologen unterschiedlich ausfallen. Die recht-lichen Voraussetzungen finden sich in § 24 Abs. 7 BMV-Ä.

§ 24 Abs. 7 Nr. 1 BMV-Ä sieht zunächst eine Überweisung als Auftragsleistung vor, die als Definitionsauftrag (Zielauftrag) oder als Indikationsauftrag erfolgen kann.

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Definitionsauftrag (Zielauftrag)

Bei einem Definitionsauftrag werden die Leistungen nach Art und Umfang ganz konkret vom Überweiser festgelegt, und zwar durch Nennung der Gebührenordnungsposition oder der präzisen Leistungsbeschreibung. Der Radiologe ist grundsätzlich an die Leistungsfestlegung des Überweisers gebunden. Indikationsangaben in Form von Verdachtsdiagnosen oder Symptombeschreibungen erfolgen hier gerade nicht. Sofern der Radiologe eine andere als die in Auftrag gegebene Leistung für medizinisch zweckmäßig, ausreichend und notwendig hält, kann er diese andere Leistung nur nach Rücksprache mit dem Überweiser erbringen. Ohne Rücksprache läge grundsätzlich eine unzulässige Auftragserweiterung mit der Konsequenz der Nichtabrechenbarkeit der Leistung vor.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Überweiser nicht die nach der Röntgenverordnung (RöV) erforderliche Fachkunde besitzen und daher die nach § 23 RöV notwendige rechtfertigende Indikation (Feststellung, dass der gesundheitliche Nutzen der Anwendung am Menschen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt) gar nicht stellen dürfen. Diese ist jedoch Voraussetzung für die Anwendung von Röntgenstrahlung unmittelbar am Menschen in Ausübung der Heilkunde oder Zahnheilkunde. Sofern ein nicht fachkundiger Arzt einen Patienten also zu einem Radiologen überwiesen hat, und hierbei bereits konkrete Anforderungen an Art und Umfang der Strahlenanwendung stellt, sind diese in jedem Fall vom fachkundigen Arzt zu überprüfen. Kommt daher der Radiologe zu dem Ergebnis, dass wegen der rechtfertigenden Indikation andere Untersuchungsmethoden notwendig sind, als diejenigen, die im Wege eines Zielauftrages auf dem Überweisungsschein angeordnet worden sind, so besteht in diesen Fällen keine Rückspracheverpflichtung mit dem nicht fachkundigen Überweiser. Denn dieser kann zu der rechtfertigenden Indikation keine Aussage machen und damit auch den Überweisungsauftrag nicht auf andere Untersuchungsmethoden erweitern, weil ihm diese Kompetenz von Gesetzes wegen nach der RöV gerade nicht zusteht. Die in § 24 Abs. 7 Nr. 1 BMV-Ä normierte Rückspracheverpflichtung ist daher in diesen Fällen teleologisch zu reduzieren.

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Indikationsauftrag

Bei einem Indikationsauftrag wird die Art der zu erbringenden Leistung durch Angabe der Indikation eingegrenzt, die Entscheidung über das konkret zu wählende Untersuchungsverfahren trifft jedoch der Radiologe (vgl. § 24 Abs. 7 Nr. 2: "Indikationsangabe mit Empfehlung der Methode"). Daher muss er hinsichtlich des zu wählenden Untersuchungsverfahren auch keine Rücksprache mit dem Überweiser halten. So kann der Überweiser einen bestimmten Verdacht äußern (z.B. Verdacht auf Bandscheibenvorfall wird als Indikation für eine radiologische Untersuchung angegeben) und gleichzeitig empfiehlt der Überweiser eine bestimmte Methode (z.B. MRT-Untersuchung). Der Radiologe ist an die angegebene Methode nicht gebunden, sondern kann selbst entscheiden, ob eine CT-Untersuchung oder eine MRT-Untersuchung oder ein anderes Verfahren geeignet ist, um zu überprüfen, ob ein Bandscheibenvorfall gegeben ist. Eine Rücksprache ist nur im Hinblick auf die Indikation nötig, wenn der Radiologe insoweit Zweifel hat (also im genannten Beispiel nicht davon ausgeht, dass ein Bandscheibenvorfall vorliegen könnte) und daher eine konsiliarische Absprache mit dem Überweiser für angezeigt hält.

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Konsiliaruntersuchung

Bei der Konsiliaruntersuchung gibt der Überweiser eine Verdachtsdiagnose oder eine Symptombeschreibung an, die durch den Radiologen geklärt werden soll. Art und Umfang der zur Klärung der Diagnose notwendigen Leistungen sind vom Radiologen selbst zu bestimmen. Im Rahmen einer Konsiliaruntersuchung dürfen nur diagnostische Leistungen erbracht werden, darüber hinausgehende Beratungsleistungen sind also nicht abrechnungsfähig.

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Mitbehandlung

Bei der Überweisung zur Mitbehandlung entscheidet der Radiologe selbst über Art und Umfang begleitender oder ergänzender Maßnahmen. Es handelt sich um bestimmte gebietsbezogene Leistungen, wobei dies neben diagnostischen Leistungen auch therapeutische Leistungen sein können. Es sind also auch Beratungsleistungen abrechnungsfähig.

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Weiterbehandlung

Die Überweisung zur Weiterbehandlung gibt den Patienten vollständig an den Überweisungsempfänger ab, d.h. dieser kann nicht nur begleitende oder ergänzende Maßnahmen vornehmen, sondern die gesamte diagnostische und therapeutische Tätigkeit wird dem Überweisungsempfänger übertragen.

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2. Wirtschaftliche Verantwortung des Überweisungsempfängers

Ausweislich § 24 Abs. 7 Nr. 1 des BMV-Ä ist der auftragserteilende Vertragsarzt im Rahmen eines Definitions- oder Indikationsausftrages für die Notwendigkeit der Auftragserteilung verantwortlich. Die Wirtschaftlichkeit der Auftragsausführung ist hingegen vom auftragsausführenden Arzt zu gewährleisten. Im Hinblick auf eine Konsiliaruntersuchung heißt es ferner:

"Die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit liegt hinsichtlich der Indikationsstellung beim auftraggebenden Vertragsarzt, hinsichtlich der ausgeführten Leistungen beim auftragnehmenden Vertragsarzt."

Auf Grund der unter Punkt 1. dargestellten Voraussetzungen des Erfordernisses der Stellung der rechtfertigenden Indikation wird damit deutlich, dass das wirtschaftliche Risiko bzw. die Gefahr einer etwaigen Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmlich bei dem auf Überweisung tätig werdenden Radiologen liegt. Dies gilt umso mehr in den Fällen zur Mit- oder Weiterbehandlung. Mithin sollte das Wirtschaftlichkeitsgebot daher als Grundlage der ärztlichen Tätigkeit stets in besonderem Maße Beachtung finden.

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3. Rückwirkende Berichtigung von Honorarbescheiden

Für den Fall, dass es von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) dennoch zu Honorarrückforderungen kommen sollte, stellt sich die Frage, über welchen Zeitraum diese dem Radiologen gegenüber rückwirkend Honorarkürzungen wegen sachlich-rechnerischer Fehler vornehmen kann.

Die diesbezügliche Befugnis der KV ergibt sich dabei aus § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EKV-Ä, wobei diese bundesmantelvertraglichen Berichtigungsbestimmungen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen i.S.d. § 37 Satz 1 SGB I darstellen, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich aufgrund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), erlassen worden sind (BSG, Urteil vom 31.10.2001, Az. B 6 KA 17/01 R).

Hierbei ist den in der bisherigen Rechtsprechung des Senats behandelten Fällen nachträglicher Honorarberichtigungen gemeinsam, dass nach Erteilung des Honorarbescheides Umstände aus dem Verantwortungsbereich des jeweiligen Vertragsarztes aufgetreten oder bekannt geworden sind, die bei den ursprünglichen Honorarbescheiden Fehler hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit i.S.d. § 45 Abs. 2 BMV-Ä, § 34 Abs. 4 EKV-Ä ergaben (z.B. Fehlansätze von Positionen der Gebührenordnung durch den Vertragsarzt, Abrechnung solcher Leistungen, die er nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenversicherung sind). Die auf der Grundlage der genannten Regelungen bestehende Befugnis der KV zur Berichtigung, d.h. zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist allerdings nicht auf Konstellationen beschränkt, in denen die Rechtswidrigkeit der Bescheide auf Fehlern aus der Sphäre des Radiologen beruht. Die Vorschriften berechtigen die KV vielmehr generell zur Rücknahme unrichtiger und rechtswidriger Honorarbescheide. Einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht ist lediglich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit des Bescheides, wobei es gleichgültig ist, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

Mithin ergehen Honorarbescheide, welche als Verwaltungsakte iS.d. § 31 SGB X zu qualifizieren sind, unter dem Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit und werden erst in vollem Umfang verbindlich, wenn die Honoraranforderungen umfassend auf sachlich-rechnerische Richtigkeit oder auf Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung (§ 106 SGB V) überprüft worden sind oder wegen Ablaufs der gesetzlichen bzw. bundesmantelvertraglichen oder gesamtvertraglichen Fristen nicht mehr überprüft werden dürfen ( BSG, Urteil vom 28. 3. 2007 - B 6 KA 22/ 06 R : Ausschlussfrist 4 Jahre). Von diesem Zeitpunkt an können sie sodann allerdings wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Das Vertrauen des Radiologen auf den Bestand eines ihm erteilten Honorarbescheides ist daher von Anfang an erheblich eingeschränkt. (BSG, Urteil vom 31.10.2001, Az. B 6 KA 17/01 R).

Soweit der KV damit grundsätzlich auch eine umfassende Berichtigungsbefugnis eingeräumt wird, so findet diese bei Fehlern, die in ihren eigenen Verantwortungsbereich fallen, ihre Grenzen im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte (BSG, Urteil vom 31.10.2001, Az. B 6 KA 17/01 R). Die maßgeblichen Vertrauensgesichtspunkte sind dabei § 45 Abs. 2 und 4 SGB X zu entnehmen. Der grundsätzliche Anwendungsvorrang der vorbenannten bundesmantelvertraglichen Berichtigungsvorschriften gegenüber § 45 SGB X schließt hierbei nicht aus, bei den Maßstäben, nach denen in Ausnahmefällen auch in Honorarberichtigungsverfahren den betroffenen Radiologen Vertrauensschutz zu gewähren ist, auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB X zurückzugreifen. Diese Regelungen und die entsprechenden Bestimmungen des § 48 Abs. 2 VwVfG enthalten die vom Gesetzgeber für richtig gehaltene praktische Konkordanz zwischen den Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf der einen und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebot des Vertrauensschutzes in Bezug auf den Bestand von Verwaltungsakten auf der anderen Seite ( BSG, Urteil vom 30.06.2004, Az.: B 6 KA 34/03 R).

Sofern die KV also zur Prüfung der in § 45 Abs. 2 und 4 SGB X normierten Vertrauensschutztatbestände verpflichtet ist, sollte vorab unbedingt geklärt werden, ob für den Radiologen im konkreten Fall nicht ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des ursprünglichen Honorarbescheids besteht. Hierbei gilt es allerdings stets zu beachten, dass § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis 3 SGB X ein solches versagt, wenn der Verwaltungsakt, mithin also der jeweilige Honorarbescheid, durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt wurde (Nr. 1) oder auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).

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4. Beweispflicht

Es fällt grundsätzlich in den Aufgabenbereich der KV, die angebliche Fehlerhaftigkeit von Abrechnungen ausreichend darzulegen und zu beweisen. Hierbei sei auf eine Entscheidung des Sozialgericht Düsseldorf (Urteil vom 21.04.2004, Az.: S 33 17 KA 316/01) verwiesen, in welcher das Gericht der beklagten KV eine umfangreiche Darlegungs- und Beweislast aufgebürdet hat und es als originäre Aufgabe der KV ansah, die Abrechnungsunrichtigkeiten in jedem Einzelfall nachzuweisen. Diese Entscheidung wurde dabei in der Berufungsinstanz vom Landessozialgericht NRW (Urteil vom 22.06.2005, Az.: L 11 KA 83/04) bestätigt und ist rechtskräftig.

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