Zeitschrift für Phytotherapie 2008; 29(2): 80-82
DOI: 10.1055/s-2008-1077273
Praxis
Behandlungsprobleme
© Sonntag Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Erkrankungen der Harnwege (2)[*]

Karin Kraft
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Publication Date:
18 June 2008 (online)

Dysurie

Klinische Vorbemerkungen

Unter dem Begriff Dysurie werden Krankheitsbilder zusammengefasst, die mit einer schmerzhaften oder erschwerten Harnentleerung einhergehen. Hierunter fallen z.B. leichte oder mittelschwere Harnwegsinfekte (s. Heft 1/2008) oder Abflusshindernisse durch Steine (s. u. Urolithiasis).

Phytotherapeutische und allgemeine Maßnahmen

Wichtig ist eine Vergrößerung des Harnvolumens zur Durchspülung und Reinigung der Harnabflusswege.

Cave: Bei Blut im Urin, Fieber und/oder andauernden Beschwerden muss ein Arzt aufgesucht werden! Bei Ödemen infolge einer Herz- oder Niereninsuffizienz ist eine Durchspülungstherapie kontraindiziert!

Stellenwert der Phytotherapie

Pflanzliche Aquaretika eignen sich, wie bereits in Teil 1 erwähnt, gut für eine Durchspülungstherapie. Sie greifen nicht wie die chemisch definierten Diuretika an den Nierentubuli an, sondern erhöhen über osmotische und durchblutungssteigernde Effekte die Filtrationsrate und damit die Primärharnmenge. Verwendet werden Flavonoid- und (seltener) Ätherisch-Öl-Drogen. Im Allgemeinen werden Drogenkombinationen verwendet. Es sind zahlreiche Tees und Fertigarzneimittel in verschiedenen galenischen Formen als Mono- und Kombinationspräparate verfügbar. Tassenfertige Blasen- und Nierentees sollten eine hohen Anteil an Drogenextrakten (mind. 40 % ) und mikroverkapseltes ätherisches Öl enthalten.

Ätherisch-Öl-Drogen

Wacholderbeeren (Juniperi fructus), Liebstöckelwurzel (Levistici radix), Petersilienkraut (Petroselini herba).

Kontraindikationen: Nierenentzündungen, Schwangerschaft.

Wirkung: Auslösung einer Wasserdiurese, Linderung chronischer Harnwegsbeschwerden.

Unerwünschte Wirkungen: Wacholderbeeren: Bei Überdosierung oder Anwendung über mehr als 4 Wochen Albuminurie. Petersilienkraut: Nierenreizungen und -schädigungen, Photosensibilisierung. Liebstöckelwurzel: Photosensibilisierung.

Anwendung und Dosierung: Tees 3-5 × tgl. warm trinken. Fertigpräparate (z.B. Wacholderbeeröl-Kapseln) nach den Angaben der Hersteller einnehmen, meist 3-5 × tgl.

Flavonoidhaltige pflanzliche Drogen

Goldrutenkraut, Birkenblätter, Schachtelhalmkraut, Brennnesselblätter, Orthosiphonblätter.

Birkenblätter

(Betulae folium)

Wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe: Flavonoide, Phenolcarbonsäuren, Triterpenester, Gerbstoffe, wenig ätherisches Öl.

Wirkungen: Diuretisch, Hemmung von Metallopeptidasen (ACE-Hemmung durch Betulinsäure, Betulinol).

Indikationen: Durchspülungstherapie, adjuvant bei rheumatischen Beschwerden.

Kontraindikationen: Ödeme infolge Herz- oder Niereninsuffizienz.

Anwendung und Dosierung: 2-3 g Droge mehrmals täglich als Teeaufguss (Tagesdosis max. 10 g). Zwei gehäufte TL Birkenblätter mit ca. 150 ml kochendem Wasser übergießen und mindestens 10 min ziehen lassen. Kinder: >1-10 Jahre: 1-2 g/Tag; > 10-16 Jahre: 2-3 g. Zerkleinerte Droge oder Trockenextrakte für Aufgüsse sowie andere galenische Zubereitungen. Frischpflanzensäfte, Teeaufgussbeutel sind wegen des hohen Flavonoidgehaltes besonders geeignet.

Kontraindikationen: Nicht bekannt.

Birke: der schwach aromatische und etwas bitter schmeckende Tee der Blätter dient neben der Behandlung von Harnwegserkrankungen auch zur Unterstützung bei rheumatischen Beschwerden © Klosterfrau Gesundheitsservice Ackerschachtelhalm: nicht die fertilen Sprosse, sondern das im Sommer wachsende Kraut (rechts) wird als Teedroge zur Durchspülungstherapie genutzt © Klosterfrau Gesundheitsservice

Schachtelhalmkraut

(Equiseti herba)

Wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe: Hoher Kaliumgehalt, 10% Kieselsäure, Flavonoide.

Wirkung: Aquaretisch, spasmolytisch.

Indikation: Zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und bei Nierengrieß.

Anwendung und Dosierung: Mittlere Tagesdosis 6 g; als Tee: 1 EL mit ca. 150 ml kochendem Wasser übergießen, ca. 5 min auf kleiner Flamme kochen; als Saft; in Kombinationen.

1 Teil 1 (Harnwegsinfekte): Z Phytotherapie 2008; 29: 40-42.

1 Teil 1 (Harnwegsinfekte): Z Phytotherapie 2008; 29: 40-42.

Prof. Dr. med. Karin Kraft

Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universität Rostock

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin

Ernst-Heydemann-Str. 6

18057 Rostock

Email: karin.kraft@med.uni-rostock.de

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