Krankenhaushygiene up2date 2008; 3(3): 233-251
DOI: 10.1055/s-2008-1077583
Hygienemaßnahmen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Infektionsrisiko durch die Umgebung des Patienten?

Ines  Kappstein
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
19. September 2008 (online)

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Kernaussagen

Umgebung

Grundsätzlich stellt die Umgebung des Patienten kein relevantes Erregerreservoir für nosokomiale Infektionen dar, denn die Tatsache, dass Mikroorganismen auf Flächen in der Umgebung des Patienten zu finden sind, ist kein Indiz dafür, dass dadurch auch Infektionen hervorgerufen werden. Entscheidend ist, an welchen Körperstellen ein Kontakt mit potenziell pathogenen Mikroorganismen stattfindet. Derartige Kontakte an empfänglichen Körperstellen (z. B. Venenkathetereinstichstelle, postoperative Wunde) zu verhindern, kann durch die Maßnahmen der Standardhygiene erreicht werden.

Leitungswasser

Leitungswasser (und daraus hergestelltes Eis) kann ein potenzielles Erregerreservoir für nososokomiale Infektionen sein. Maßgeblich ist aber die Art des Wasserkontaktes: Offene Wunden können z. B. eine Eintrittspforte darstellen. Leitungswasser darf wegen der natürlichen Besiedlung mit potenziellen Infektionserregern, wie z. B. gramnegativen Wasserbakterien, nicht zum Vernebeln verwendet werden, da sonst kontaminierte Aerosole in die Lunge inhaliert werden könnten. Die Mikroaspiration von Leitungswasser kann dazu führen, dass Legionellen in die Tiefe der Atemwege gelangen und zur Legionellose führen.

Oberflächen

Oberflächen in der Umgebung des Patienten (Nachtkästchen, Tische, Türklinken etc.) sind immer mikrobiell kontaminiert. Sie müssen stets optisch sauber sein, jedoch sind über eine effektive Reinigung hinaus gehende desinfizierende Maßnahmen nicht erforderlich, solange keine Kontamination mit Patientenmaterial (Stuhl, Blut, Eiter etc.) stattgefunden hat. Bei Patienten mit multiresistenten Erregern (z. B. MRSA) wird eine routinemäßige desinfizierende Reinigung der Oberflächen im Patientenzimmer allgemein für sinnvoll gehalten, obwohl nicht bekannt ist, inwieweit diese Maßnahme tatsächlich zur Prävention der Erregerübertragung beitragen kann.

Eine Einschränkung regelmäßiger gründlicher Reinigung – zur Senkung vor allem der Personalkosten in vielen Kliniken anzutreffen – kann nicht durch die Verwendung von Desinfektionsmittelzusätzen ausgeglichen werden.

Bauart und technische Einrichtungen

Die bauliche Struktur eines Krankenhauses (inkl. spezieller Bereiche wie Intensivstationen und Operationsabteilung) hat keinen Einfluss auf das Infektionsrisiko der Patienten.

Technische Einrichtungen, wie z. B. raumlufttechnische (RLT-)Anlagen, können bei fehlerhafter Funktion zu einer Erregerverbreitung beitragen, die ohne diese Einrichtung nicht möglich wäre: So kann eine falsche Luftführung bei RLT-Anlagen dazu führen, dass Infektionserreger aerogen verbreitet werden, die unter natürlichen Umständen nicht via Luft übertragen werden.

Umgebungsuntersuchungen

Die Ergebnisse mikrobiologischer Umgebungsuntersuchungen müssen Hinweise auf ein konkretes Übertragungsrisiko geben können, anderenfalls sind solche Untersuchungen nicht sinnvoll. Möglicherweise sind z. B. die routinemäßige Untersuchung von Endoskopen, von Dialysierflüssigkeit und von Wasser für Bewegungs- und Therapiebecken sinnvoll; die Notwendigkeit dafür wird jedoch unterschiedlich gewichtet. Ansonsten bleiben Umgebungsuntersuchungen speziellen Fragestellungen im Rahmen von Ausbrüchen vorbehalten.

Tiere

Normalerweise trifft man im Krankenhaus keine Tiere, wie z. B. Hunde, an. Gerade Hunde aber sind für blinde Patienten als Blindenführhunde unverzichtbar und müssen deshalb bei ambulanter Versorgung des Patienten mit ins Krankenhaus kommen. Aber auch ein (kontrollierter) Hundebesuch (z. B. bei chronisch kranken Kindern) oder „Therapiehunde” für demente Patienten und sogar für komatöse Intensivpatienten sind bei entsprechender Organisation möglich.

Literatur

Prof. Dr. med. Ines Kappstein

Kreiskliniken Traunstein/Trostberg GmbH

Cuno-Niggl-Straße 3
83278 Traunstein

eMail: ines.kappstein@klinikum-traunstein.de