Zu den malignen Tumoren des muskuloskelettalen Systems
gehören
die primär malignen Knochen- und Weichgewebetumoren
(Sarkome),
die Knochenmetastasen,
die malignen
Systemerkrankungen (z. B. multiples Myelom, Lymphom des Knochens).
Die Knochen- und Weichgewebesarkome sind per definitionem
nichtepitheliale Malignome und machen nur einen Anteil von 2 %
aller malignen Neubildungen aus. Dementsprechend selten werden Orthopäden,
Unfallchirurgen, Kinderärzte, Allgemeinmediziner usw. mit dieser
Krankheitsentität konfrontiert. Treten die primär hochmalignen
Knochensarkome vorwiegend im Kindes- und Jugendalter auf, so werden
Weichgewebesarkome insbesondere in der 2. Lebenshälfte diagnostiziert. Die
Schwellung, begleitet von mehr oder minder ausgeprägten Schmerzen, ist die
führende klinische Symptomatik. Vor jeder chirurgischen Intervention ist
ein standardisiertes diagnostisches Konzept zu verfolgen, um den hohen Anteil
an „ungeplanten” Resektionen oder falsch durchgeführten
Biopsien bei Patienten mit Knochen- und Weichgewebesarkomen zu reduzieren. Erst
nach Abschluss des Stagings kann eine stadien- und damit prognoseorientierte
Therapie, stets interdisziplinär abgestimmt, eingeleitet werden.
Die primär malignen Knochentumoren wie das Osteosarkom und die
Gruppe der Ewing-Sarkome werden in sog. Therapieoptimierungsstudien behandelt,
beim Chondrosarkom (eher 2. Lebenshälfte) ist mit Ausnahme des
dedifferenzierten Chondrosarkoms die Behandlung meist chirurgisch. Die
chirurgische Therapie von Weichgewebesarkomen ist im Erwachsenenalter im
nichtmetastasierten Stadium der Erkrankung (Stadium
I – III, UICC) die Therapie der Wahl unter kurativer
Intention. Die R0-Resektion in Kombination mit einer adjuvanten Radiotherapie
gilt hierbei als Standard bei primär resektablen Weichgewebesarkomen.
Sollte die Resektion nur mit einem mutilierenden oder ablativen Verfahren
möglich sein, sind neoadjuvante Therapieoptionen (z. B. isolierte
hypertherme Extremitätenperfusion mit TNF-alpha und Melphalan,
Strahlentherapie, systemische Chemotherapie mit/ohne Hyperthermie) in das
interdisziplinäre Behandlungskonzept einzuschließen. Unter
Vorhaltung dieser Konzeption und Anwendung von rekonstruktiven Verfahren
können mehr als 80 % der Patienten mit Knochen- und
Weichgewebesarkomen extremitätenerhaltend behandelt werden.
Sekundär maligne Knochentumoren – Knochenmetastasen
(epithelialer Ursprung) – stellen bei Weitem die häufigste
Manifestationsform von Malignomen am Bewegungsapparat dar. Vor allem bei
Bronchial-, Mamma-, Schilddrüsen-, Nierenzell- und Prostatakarzinomen
treten je nach Stadium in bis zu 80 % der Fälle ossäre
Metastasen auf. Gerade durch die Verbesserung der Primärtumorbehandlung
und systemischer Optionen erleben immer mehr Patienten das Stadium der
ossären Metastasierung und der daraus resultierenden Probleme, die
geprägt sind durch den Schmerz, die pathologische Fraktur und
neurologische Komplikationen. Gerade hier ist ein standardisiertes
therapeutisches Vorgehen unter Berücksichtigung der Prognose, der
Tumorart, der Metastasenlokalisation usw. zu fordern. Besteht die Indikation
zur operativen Knochenmetastasentherapie, so ist diese so zu wählen, dass
operative Folgeeingriffe bei meist limitierter Lebenserwartung vermieden werden
sollten. Eine primär belastungsstabile Rekonstruktion des betroffenen
Skelettabschnittes ist das definierte Ziel, um die Lebensqualität positiv
zu beeinflussen.
Auf die gesonderte Darstellung der Diagnostik und Therapie des
multiplen Myeloms und des Lymphoms des Knochens wurde bewusst verzichtet, da es
sich um internistische Krankheitsbilder aus
orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht handelt. Die operativen Richtlinien
sind mit denen der Knochenmetastasentherapie vergleichbar.
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Dr. med. Per-Ulf Tunn
Leiter Department Tumororthopädie
Sarkomzentrum
Berlin-Brandenburg
Klinik für Orthopädie und
orthopädische Rheumatologie
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
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