ergopraxis 2020; 13(03): 14-16
DOI: 10.1055/a-1092-6114
Wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse

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Publication Date:
03 March 2020 (online)

Jugendliche profitieren von metakognitiven Interventionen – ADHS

Jugendliche mit ADHS und deren Eltern ziehen einen Nutzen aus ergotherapeutischen metakognitiven Interventionen mit dem Teen-Cognitive-Functional-Programm (Teen Cog-Fun). Signifikante Verbesserungen zeigen sich in der Betätigungsperformanz, den exekutiven Funktionen und in der Fähigkeit, Strategien wirksam anzuwenden. Zu diesem Ergebnis kommen der Ergotherapeut Nirit Levanon-Erez und seine Kollegen von der Schule für Ergotherapie der Hebrew University of Jerusalem, Israel.

An der Machbarkeitsstudie im Prä-Post-Design nahmen 22 Jugendliche (4 weiblich, 18 männlich) im Alter zwischen 12 und 17 Jahren und ihre Eltern teil. Sie erhielten 17 ambulante Sitzungen à 60 Minuten in einem wöchentlichen Turnus. 13 Sitzungen fanden mit dem Jugendlichen, 3 mit den Eltern und die abschließende Sitzung fand gemeinsam statt. Inhalte des Teen Cog-Fun waren unter anderem das Erlernen von Problemlösungsstrategien und strukturierter Reflexion. Darüber hinaus wurden die Eltern befähigt, die Jugendlichen bei ihren Zielen zu unterstützen, beispielsweise beim Medikamentenmanagement, der Freizeitgestaltung sowie im respektvollen Umgang mit Familienmitgliedern während des Abendessens.

Die Forscher setzten zu Beginn und zum Abschluss des Programms Assessments ein, darunter „Conners’ Parent Rating Scales – Revised“ (CPRS-R), „Behavior Rating Inventory of Executive Function“ (BRIEF), „Canadian Occupational Performance Measure“ (COPM) und „Self-Regulation Skills Interview“ (SRSI). Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Teen-Cog-Fun-Programm für Jugendliche mit ADHS und deren Eltern eignet. Beide gaben eine hohe Zufriedenheit an – insbesondere mit der Beziehung zum Therapeuten. Einen besonders positiven Einfluss hatten die Interventionen auf das Sensibilisieren für Stärken und das Erkunden der Betätigungsidentität. Darüber hinaus lernten die Jugendlichen durch neu erworbene Strategien, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, besser zu planen und zu organisieren. Dazu lernten sie zum Beispiel, Aufgabenanforderungen und Barrieren zu analysieren, Selbstgespräche zu führen oder sich mit einfachen oder interessanten Aufgaben zu motivieren ([TAB].). Die Eltern hingegen konnten in Bezug auf ihre Selbstwirksamkeit keinen Nutzen aus dem Programm ziehen. Und entgegen der Erwartungen der Forscher nahmen die Jugendlichen ihre Defizite durch das Programm nicht besser wahr.

ADHS
geht im Jugendalter mit funktionellen Beeinträchtigungen sowie mit Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung und sozialen Interaktion einher. Br J Occup Ther 2019; 10: 618–629

TAB. Das Programm Teen Cog-Fun vermittelt Jugendlichen Strategien für den Alltag. Ein Auszug.

Strategien

Unterkategorie

Beispiele

Selbstbestimmte Entscheidungen treffen

Mit den interessantesten Aufgaben beginnen

„Ich starte mit der einfachsten Frage in einem Test.“

Planen und organisieren

Priorisieren

„In der 10-Minuten-Pause überlege ich, was ich noch alles tun muss, und tue dann die wichtigen Dinge zuerst.“

Anpassungen

Selbstgespräche

„Um mit dem Hänseln aufzuhören, sage ich Dinge in meinem Herzen, anstatt sie laut auszusprechen.“

Br J of Occup Ther 2019; 10: 618–629

Damit die Cog-Fun-Programmversion für Jugendliche zum Einsatz kommen kann, empfehlen die Forscher zur Validierung der Ergebnisse eine randomisierte kontrollierte Studie sowie eine Langzeitbeobachtung. Auf diese Weise ließe sich der erwartete Nutzen der metakognitiven Fähigkeiten für die Behandlung von ADHS über die Lebensdauer untersuchen.

ms

Br J Occup Ther 2019; 10: 618–629