Nuklearmedizin 2021; 60(01): 5-6
DOI: 10.1055/a-1255-5280
Editorial

Standpunkt: Pflege in der Nuklearmedizin – kritischer Punkt für die Entwicklung der Theranostik

Nursing in Nuclear medicine – decisive factor for future Theranostics
Marcel Wieditz
,
Markus Essler
,
Markus Luster

Die Einführung von innovativen Radionuklidtherapien, namentlich mit dem prostataspezifischen Membranantigen (PSMA) als Zielstruktur, hat den klinischen Alltag auf nuklearmedizinischen Therapiestationen maßgeblich beeinflusst. Das kastrationsresistente metastasierte (mCRPC) Prostatakarzinom zählt zu den häufigsten Tumorerkrankungen des Mannes ist somit gesundheitspolitisch und -ökonomisch höchst relevant. Daher ist in den nächsten Jahren bei einer möglichen arzneimittelrechtlichen Zulassung z. B. von 177Lu-PSMA-617 mit einer Zunahme der Patientenzahlen und einer steigenden Auslastung der Therapieeinrichtungen zu rechnen. Gemäß der Gesundheitsberichterstattung des Bundes durch das Statistische Bundesamt und das Robert-Koch-Institut versterben pro Jahr ca. 11 000 Männer an einem Prostatakarzinom [1]. Nach einer evtl. Zulassung von 177Lu-PSMA-617 infolge der sogenannten VISION-Studie (geplantes Studienende Ende 2021) ist davon auszugehen, dass somit tausende Patienten pro Jahr zusätzlich behandelt werden müssten und im Vergleich zur aktuellen Situation ein Mehrfaches an Therapiezyklen in der begrenzten Zahl nuklearmedizinischer Therapiestationen in Deutschland durchgeführt würden. Prostatakarzinom-Patienten unterscheiden sich zudem maßgeblich von den Patienten mit benignen bzw. malignen Schilddrüsenerkrankungen, die noch bis vor wenigen Jahren den größten Teil der Patienten auf nuklearmedizinischen Therapiestationen ausmachten. In der Regel handelt es sich um Männer jenseits des 60. Lebensjahres bis hin zu hochbetagten Personen. Diese leiden häufig unter Komplikationen der Grunderkrankung, wie z. B. Frakturen, Tumorschmerzen, Fatigue oder Inkontinenz. Gerade bei den Hochbetagten sind auch neurodegenerative Begleiterkrankungen wie Demenz oder Paresen nach vaskulären Ereignissen nicht selten. Die Verfasser vertreten die Ansicht, dass neben einer ganzen Reihe weiterer Anforderungen an die Strukturqualität die systematische Weiterentwicklung der Pflege in der Nuklearmedizin erforderlich ist, um die anstehenden quantitativen und qualitativen Herausforderungen zu meistern. Hier ist ein Diskussionsprozess in der Fachgesellschaft unter Einbezug der Pflegekräfte wünschenswert. Bei genauer Betrachtung des Themas wird klar, dass es sich hier um einen kritischen Punkt bei der möglichen flächendeckenden Etablierung der 177Lu-PSMA-Therapie handelt.



Publication History

Article published online:
03 February 2021

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  • Literatur

  • 1 Rohde V, Katalinic A, Wasem J. et al. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 36 Prostataerkrankungen. Hrsg. Robert-Koch-Institut.
  • 2 Strittmatter G. The Hornheide Screening Instrument (HSI) as an assessment tool for need of psychosocial care in cancer patients. Onkologie 2008; 31: 11