veterinär spiegel 2009; 19(03): 156-159
DOI: 10.1055/s-0029-1185967
nutztiere
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Computergestützte tierärztliche Bestandsbetreuung – Möglichkeit der Nutzung vorhandener Daten zur Optimierung der Bestandsgesundheit

Werner Feucker
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Publication Date:
11 September 2009 (online)

Die Tierärzte benötigen exakte Informationen über den Stand und die Entwicklung der Tiergesundheit und ‒leistungen sowohl zum Tierbestand als auch zum Einzeltier. Dazu nutzen sie zunehmend die umfangreich vorhandenen Informationen von Herdenmanagementsystemen und zentralen Rechenzentren. Die Basis dafür bildet das Informationssystem Rind ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Darstellung des Informationssystems Rind.

Im Mittelpunkt dieses Informationssystems steht der rinderhaltende Betrieb. Zwischen allen beteiligten Betrieben und Einrichtungen existiert ein enger Informationsverbund. Die elektronische Erfassung und Auswertung der Milchleistungsprüfung und Besamung bis hin zur Zuchtwertschätzung, die Realisierung der Meldeverpflichtungen (Kalbe- und HIT-Meldungen, Bestandsbuchführung) und vieles andere mehr sind selbstverständlich geworden.

Um die Ökonomie der Rinderproduktion weiter zu verbessern, muss neben der Sicherung einer hohen Milchleistung den Tendenzen zur weiteren Verschlechterung der Fruchtbarkeit, Lebensdauer und Tiergesundheit entgegengewirkt werden. Da dazu insbesondere die Tierärzte prädestiniert sind, binden sie sich zunehmend in diesen Prozess ein und wenden verstärkt die integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung an. Vordergründig geht es dabei um eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Tierarzt, Landwirt und dessen Beratern mit dem Ziel einer verstärkten Prophylaxe und Erhöhung der Produktionseffektivität.

Zur Unterstützung dieser Zielstellungen wurde das Informationssystem für die integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung entwickelt. Es ist eng mit den Herdenmanagementsystemen der Landwirte und den zentralen Großrechnern verbunden und ermöglicht

  • eine Rationalisierung der Datenerfassung durch eine mit dem Milchproduzenten abgestimmte und sich gegenseitig ergänzende Datenerhebung,

  • eine Kombination der Tiergesundheitsdaten mit den Leistungsdaten der Tiere und

  • eine darauf aufbauende intensive Auswertung auf der Grundlage einheitlicher Diagnose-, Befund- und Abgangsschlüssel sowie einheitlicher Algorithmen und Kennziffern.

Insbesondere die einheitliche Verfahrensweise zur Erfassung der Diagnosen durch Tierärzte in Zusammenarbeit mit den Landwirten sichert eine durchgehende Tiergesundheitsanalyse und die Vermeidung von Doppelerhebungen. Für jedes Tier werden von der Geburt bis zum Abgang alle wesentlichen Leistungs- und Gesundheitsdaten erfasst und gespeichert. Im Sinne des Verbraucherschutzes und der Qualitätssicherung wird ein lückenloser Nachweis der eingesetzten Medikamente und durchgeführten Behandlungen ermöglicht. Anbindungen an Praxisverwaltungen befinden sich in Vorbereitung.

Ohne Mehraufwand kann der Tierarzt über Rechenzentren und Herdenmanagementsysteme Zugang zu allen wesentlichen Tierdaten sowohl für seine operative Tätigkeit als auch für seine prophylaktische Arbeit über Standard-Schnittstellen erhalten.

Als spezielles Hilfsmittel zur Verwertung dieser Daten wird zunehmend das PC-System „Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung“ (ITB) eingesetzt ([Abb. 2]). Es ermöglicht dem Tierarzt eine intensive Verfahrens- und Effektivitätskontrolle sowohl für die Herde als auch für das Einzeltier.

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Abb. 2 Darstellung des PC -Systems Integrierte Tierärztliche Bestandbetreuung (ITB).

Im Sinne eines Frühwarnsystems werden betriebliche Schwachstellen rechtzeitig signalisiert und betriebliche Optima aufgezeigt. Dazu ist dem Programm Fachwissen hinterlegt, sodass neben dem treffsicheren Erkennen von Problemen auch Hinweise zu deren Ursachen und ihrer Beseitigung erkennbar werden. Schwerpunktmäßig wird durch das Fütterungscontrolling sowie durch die Reproduktions- und Gesundheitsüberwachung eine umfassende prophylaktische Arbeit des Tierarztes unterstützt.

Vordergründig geht es um die Nutzbarmachung des speziellen tierärztlichen Know-hows zur Interpretation und Verwertung der komplexen Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung. Dies betrifft:

  • Früherkennung von Normabweichungen, Schwachstellen, Fütterungs-, Haltungs- und Managementfehlern,

  • Bestimmung betrieblicher Optima (freiwillige Wartezeit, optimaler Besamungszeitraum, …),

  • Verfahrens- und Effektivitätskontrolle eingeleiteter Maßnahmen, biotechnischer Verfahren, Behandlungsstrategien usw.

  • Ursachen zu geringer Nutzungsdauer und Lebenseffektivität,

  • Veterinärökonomie und entgangener Ertrag kontra Tierarztkosten.

Im Folgenden werden die Projektbausteine kurz beschrieben.