Hamostaseologie 2007; 27(02): 111-116
DOI: 10.1055/s-0037-1617160
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Puerperalsepsis im 19. Jahrhundert und Trendelenburg-Ligatur der V. hypogastrica[*]

Puerperal sepsis in the 19th century and Trendlenburg’s ligature of the internal iliacal vein

Autoren

  • W. Hach

    1   Venenzentrum (Prof. Dr. Viola Hach-Wunderle, Prof. Dr. W. Hach), Frankfurt am Main
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Publikationsverlauf





Publikationsdatum:
27. Dezember 2017 (online)

Zusammenfassung

Mit der Errichtung von Gebäranstalten an den großstädtischen Krankenhäusern und mit der Einführung von routinemäßigen Autopsien in den Tätigkeitsbereich des Geburtshelfers verbreitete sich das Kindbettfieber in der ersten Hälfte des 19. Jh. wie eine Epidemie und führte in den allermeisten Fällen zum Tode. Im Pariser Hôtel Dieu und an der Ersten Wiener Gebärklinik starb nahezu fast jede dritte Wöchnerin an der puerperalen Sepsis. Hier beginnt das tragische Schicksal des Gynäkologen Ignaz Semmelweis, der die Übertragung von Eiter- und Leichenteilen durch die ärztliche Untersuchung während der Entbindung erkannte. Gegen Ende des 19. Jh kam die Puerperalsepsis zwar seltener vor, verlief aber ebenso dramatisch. In pathophysiologischer Hinsicht wurde als Ausgangspunkt der Pyämie zunächst eine septische Thrombophlebitis der V. ovarica angesehen. Die Unterbindung des Gefäßes hat die tödliche Prognose der Krankheit jedoch nicht ändern können. Anhand von Sektionen stellte Trendelenburg dann fest, dass die V. iliaca interna bei der Verschleppungspyämie eine viel größere Rolle spielte. Er nahm daraufhin die Ligatur dieser Vene vor. Der lange Krankheitsverlauf einer komplikationsreichen Infektion ging durch die Operation glücklich aus. Die Trendelenburg-Ligatur und Resektion der Vv. ovarica und iliaca interna wurden in der Regel mit der Hysterektomie kombiniert. Der große Eingriff bei den schwerstkranken Wöchnerinnen fand in den folgenden Jahrzehnten sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Die meisten Operationen vermochten nicht, das Leben der Patienten zu retten. Vor Erfindung der Antibiose waren die Ärzte gegen die puerperale Pyämie so gut wie machtlos.

Summary

With the establishment of institutions for child delivery in city hospitals and with incorporation of routine autopsy into the field of activity of assistants at birth, childbed fever spread epidemically and was fatal in most cases. Nearly every third woman in childbed died of puerperal sepsis in the Hôtel Dieu in Paris and in the Erste Wiener Gebärklinik in Vienna. The tragic fate of obstetrician Ignaz Semmelweis began here, he recognized disease transmission from pus and body parts by physicians during the process of delivery. At the end of the 19th century puerperal sepsis occurred less frequently, its course was nevertheless equally dramatic. Pathophysiologically a septic thrombophlebitis of the ovarian vein was seen as the primary cause of the pyaemia. Yet, the ligature of the vessel did not alter the deadly course of the disease. Based on sections Trendlenburg realized that the internal iliacal vein plays a much greater role in protracted pyaemia. Thereupon he performed a ligature of this vessel. The long course of a complicated infection took a good turn with this operation.

Trendlenburg’s ligature and resection of the ovarian and internal iliacal vein were usually combined with hysterectomy. In the following decades this great operation of seriously ill women in childbed found agreement as well as rejection. Most interventions did not save the lives of the patients. Before antibiotic therapy was introduced, physicians were almost helpless against puerperal pyaemia.

* Nach einem Vortag auf dem Angiologischen Symposium in Kitzbühel vom 26. bis 29. Mai 2005.