CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(09): 949-958
DOI: 10.1055/a-0854-5916
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einfluss des Patientenalters auf das Outcome vaginaler und laparoskopischer Eingriffe in der Urogynäkologie

Article in several languages: English | deutsch
Ralf Joukhadar
1   Department of Obstetrics and Gynaecology, Würzburg University Medical Centre, Würzburg, Germany
3   Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Saarland, Homburg, Saar, Germany
,
Julia Radosa
3   Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Saarland, Homburg, Saar, Germany
,
Viola Paulus
3   Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Saarland, Homburg, Saar, Germany
,
Amr Hamza
3   Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Saarland, Homburg, Saar, Germany
,
Erich Franz Solomayer
3   Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Saarland, Homburg, Saar, Germany
,
Daniel Herr
1   Department of Obstetrics and Gynaecology, Würzburg University Medical Centre, Würzburg, Germany
,
Achim Wöckel
1   Department of Obstetrics and Gynaecology, Würzburg University Medical Centre, Würzburg, Germany
,
Sascha Baum
2   Department of Obstetrics and Gynaecology, Lübeck University Medical Centre, Lübeck, Germany
3   Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Saarland, Homburg, Saar, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

received 05 November 2017
revised 08 February 2019

accepted 10 February 2019

Publication Date:
22 May 2019 (online)

Zusammenfassung

Einleitung Bei der Behandlung von Deszensus und Inkontinenz hängt das gewählte Operationsverfahren häufig nicht nur vom klinischen Befund, sondern auch vom Alter der Patientin ab. Bislang besteht sowohl für vaginale als auch laparoskopische Eingriffe Unklarheit bezüglich des Therapieerfolgs in Abhängigkeit vom Patientenalter. Ziel dieser Arbeit ist es daher, sowohl den anatomischen Erfolg nach Deszensusoperationen als auch das funktionelle Outcome nach Inkontinenzoperationen im Rahmen der Behandlung von Belastungsinkontinenz bei älteren und jüngeren Patientinnen zu vergleichen.

Patientinnen/Methodik Es handelt sich um eine retrospektive monozentrische Studie aus einem universitären Zentrum. Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 407 Patientinnen operativ behandelt, darunter 278 < 70-Jährige und 129 ≥ 70-Jährige. Diese wurden in 3 Behandlungsgruppen aufgeteilt (Deszensusoperation, Inkontinenzoperation oder eine Kombination beider Operationsmethoden) und nach Bewertung des anatomischen und funktionellen Outcomes nach 3 – 6 Monaten statistisch ausgewertet.

Ergebnisse Die häufigste Form des Deszensus bei den 407 ausgewerteten Patientinnen lag im Bereich des vorderen und mittleren Kompartiments, wobei bei den älteren Patientinnen ein höherer Schweregrad diagnostiziert wurde. So lag ein Deszensus Grad 4 nach Baden Walker im vorderen Kompartiment in 15,6 vs. 28,8% (p = 0,033) und im mittleren Kompartiment in 5,7 vs. 23,7% (p < 0,001) vor. Jüngere Frauen erhielten insgesamt seltener eine vaginale Netzeinlage, dafür häufiger eine laparoskopische Sakropexie. Der Anteil kombinierter Eingriffe aus Deszensus- und Inkontinenz-OP waren in beiden Gruppen gleich. Insgesamt zeigten sich sowohl bei den jüngeren als auch bei den älteren Patientinnen hohe Erfolgsraten nach Deszensus- sowie Inkontinenzoperationen. Diese lagen nach einer Deszensusoperation bei 93,5 vs. 84,8% (p = 0,204) und nach einer Inkontinenzoperation bei 92,8 vs. 84,2% (p = 0,261). Ein signifikanter Nachteil für die älteren Patientinnen bestand in der Persistenz einer Belastungsinkontinenz nach alleiniger Deszensusoperation (19,6 vs. 50% p = 0,030) sowie bei der Rate der larvierten (De-novo-)Belastungsinkontinenz (7,4 vs. 20% p = 0,030).

Schlussfolgerung Unsere Daten zeigen, dass sowohl der Descensus genitalis als auch die Belastungsinkontinenz bei ≥ 70-Jährigen mit guten Ergebnissen operativ versorgt werden können. Damit konnte an einer großen Patientenzahl erstmals gezeigt werden, dass den älteren Patientinnen eine adäquate Operation nicht vorenthalten werden sollte, sondern diesen das gleiche operative Spektrum angeboten werden kann wie den jüngeren Patientinnen.