CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(11): 1191-1198
DOI: 10.1055/a-0880-6182
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einfluss einer fetalen Makrosomie auf den neonatalen und maternalen Geburtsausgang

Article in several languages: English | deutsch
Tamara Margit Jutta Pahlitzsch
Klinik für Geburtsmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
,
Laura Hanne
Klinik für Geburtsmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
,
Wolfgang Henrich
Klinik für Geburtsmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
,
Alexander Weichert
Klinik für Geburtsmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

received 29 November 2018
revised 18 February 2019

accepted 20 March 2019

Publication Date:
11 November 2019 (online)

Zusammenfassung

Einleitung Eine fetale Makrosomie ist mit einer Vielzahl geburtshilflicher Komplikationen assoziiert und ein häufiger Grund für Einleitungen und primäre oder sekundäre Sectiones. Ziel dieser Studie ist die Generierung deskriptiver Daten zum Geburtsmodus und zu maternalen und fetalen Komplikationen bei fetaler Makrosomie. Ursachen und Folgen einer fetalen Makrosomie sowie die Rate an Schulterdystokien werden in Abhängigkeit von der Ausprägung der Makrosomie untersucht.

Patientinnen Ausgewertet wurden alle Einlingsgeburten ≥ 37 + 0 Schwangerschaftswochen mit einem Geburtsgewicht ≥ 4000 g in der Charité Universitätsmedizin Berlin (Campus Mitte 2001 – 2017, Campus Virchow Klinikum 2014 – 2017).

Ergebnisse Eingeschlossen wurden 2277 konsekutive Neugeborene (Geburtsgewicht 4000 – 4499 g [88%], 4500 – 4999 g [11%], ≥ 5000 g [1%]). Maternale Adipositas und ein Gestationsdiabetes waren bei Neugeborenen ≥ 4500 g häufiger als bei 4000 – 4499 g (p = 0,001 bzw. p < 0,001). Frauen mit Neugeborenen ≥ 5000 g waren häufiger ≥ 40 Jahre (p = 0,020) und Multipara (p = 0,025). Der Geburtsmodus war in 60% der Fälle spontan, in 9% vaginal-operativ, in 14% per primärer und in 17% per sekundärer Sectio. Bei einem Geburtsgewicht ≥ 4500 g war eine vaginale Geburt seltener (p < 0,001) und die Rate sekundärer Sectiones erhöht (p = 0,011). Frauen mit Neugeborenen ≥ 4500 g erlitten häufiger einen erhöhten Blutverlust (p = 0,029). Es bestand kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Rate an Episiotomien oder höhergradigen Geburtsverletzungen. Schulterdystokien traten vermehrt bei einem Geburtsgewicht ≥ 4500 g auf (5 vs. 0,9%, p = 0,000). Bei 2% der Neugeborenen trat eine perinatale Azidose auf ohne signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Neugeborene ≥ 4500 g wurden häufiger in die Neonatologie verlegt (p < 0,001).

Schlussfolgerung Ein zunehmendes Geburtsgewicht ist mit einem erhöhten maternalen Risiko und einer erhöhten Rate an primären und sekundären Sectiones sowie Schulterdystokien verbunden, ohne dass sich Unterschiede im perinatalen Ausgang zwischen Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von 4000 – 4499 g und ≥ 4500 g zeigen. In unserem Kollektiv zeigte sich eine vergleichsweise niedrige Inzidenz an Schulterdystokien. In der Literatur ist die Häufigkeit mit einer großen Spannbreite angegeben (1,9 – 10% bei 4000 – 4499 g, 2,5 – 20% bei 4500 – 5000 g und 10 – 20% bei ≥ 5000 g). Eine mögliche Ursache für die niedrige Rate könnte die ebenfalls geringe Prävalenz von Gestationsdiabetes in unserem Kollektiv sein. Eine Risikostratifizierung der Schwangeren (z. B. Vermeidung einer Vakuumextraktion, Berücksichtigung eines Gestationsdiabetes bei der Geburtsplanung) ist entscheidend. Bei vermuteter Makrosomie resultiert aus der erhöhten Inzidenz von fetalen und maternalen Komplikationen die Empfehlung zur Geburt in einem Perinatalzentrum unter Anwesenheit eines Facharztes.