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DOI: 10.1055/a-1043-7229
Kognitive Kommunikationsstörungen aus neuropsychologischer Perspektive
Interview mit Dipl.-Psychologin Dr. Angelika Thöne-Otto
Warum werden Kognitive Kommunikationsstörungen (KoKos) erst seit einiger Zeit in Deutschland thematisiert und diagnostiziert?
In der Rehabilitationsbehandlung stehen am Anfang kognitive Störungen wie Aufmerksamkeit
oder Gedächtnis und sprachliche Störungen wie die Aphasie im Vordergrund. Die KoKos
werden in dem häufig stark vorstrukturierten Setting einer Rehabilitationsbehandlung
zunächst nicht deutlich. Es sind vielmehr die komplexen kommunikativen Anforderungen
des Alltags, die die Störung sichtbar machen. Dadurch, dass in den letzten Jahren
die Bemühungen um die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe zugenommen haben und
die Patienten somit auch längerfristig behandelt werden, rückt das Störungsbild und
seine Relevanz stärker in den Fokus.
Ein 2. wichtiger Aspekt liegt darin, dass Kommunikationsstile in der gesunden Bevölkerung
extrem variabel sind. Die Persönlichkeit und der soziale Kontext spielen dafür eine
wichtige Rolle. Ob nun diese Kommunikationsstile als Störung aufgefasst werden, definiert
sich über die Frage, ob der Betroffene selbst oder sein Umfeld darunter leidet und
ob es sich um eine Veränderung gegenüber dem Zustand vor der Erkrankung handelt. Im
klinischen Alltag haben wir oft Patienten, die wir sehr auffällig finden, z. B. weitschweifig
oder semantisch vage, wo wir dann von den Angehörigen hören, „so war er schon immer”.
Das liegt sicher auch daran, dass wir bislang wenig gut evaluierte Untersuchungsinstrumente
haben, um die Störung überhaupt zu identifizieren.
Publication History
Article published online:
16 June 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York