Nervenheilkunde 2020; 39(09): 582-585
DOI: 10.1055/a-1162-5435
Gesellschaftsnachrichten
Kopfschmerz News der DMKG
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Erenumab wirksam bei chronischem posttraumatischem Kopfschmerz?

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Publication Date:
24 August 2020 (online)

*** Ashina H, Iljazi A, Muhsen H et al. Efficacy, tolerability, and safety of erenumab for the preventive treatment of persistent post-traumatic headache attributed to mild traumatic brain injury: an open-label study. J Headache Pain 2020; 21: 62

Diese offene Studie mit Erenumab 140 mg zeigt einen kleinen Effekt, der aber in placebokontrollierten Studien bestätigt werden müsste.

Zusammenfassung

Diese Studie aus der Arbeitsgruppe in Kopenhagen widmet sich einem interessanten Thema, nämlich ob die CGRP-(Rezeptor)-Antikörper auch bei anderen Kopfschmerzen als bei der Migräne wirksam sind. Dazu wurde der posttraumatische Kopfschmerz gewählt, für den diese Arbeitsgruppe eine eigene Datenbank hat. Es handelt sich hier um eine nicht verblindete, nicht placebokontrollierte Studie über 3 Monate. Es wurden 100 Patienten mit einem chronischen posttraumatischen Kopfschmerz eingeschlossen. Diese Patienten erhielten offen über 3 Monate Erenumab 140 mg pro Monat. Auf Grundlage eines Tagebuchs wurden die Kopfschmerztage mit mittlerer und starker Intensität ermittelt, außerdem wurden Nebenwirkungen registriert. Der primäre Endpunkt war die Reduzierung dieser Kopfschmerztage im dritten Monat gegenüber der Baseline. Insgesamt konnten 89 Patienten ausgewertet werden. Von einem Ausgangswert von 15,7 mittelschweren bis schweren Kopfschmerztagen pro Monat reduzierte sich die Zahl dieser Kopfschmerztage im dritten Monat um 2,8. Erenumab wurde gut vertragen, nur 2 Patienten schieden wegen Nebenwirkungen aus. 30 Patienten berichteten über Obstipation als Nebenwirkung. Die Autoren schließen aus den Ergebnissen, dass Erenumab beim chronischen posttraumatischen Kopfschmerz wirksam sein kann und gut vertragen wird. Sie sehen die Notwendigkeit für eine doppelblinde, placebokontrollierte Studie.


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Kommentar

Grundsätzlich ist es von großem Interesse, ob die Antikörper auch bei anderen Kopfschmerzen als bei Migräne wirksam sind. Es ist jedoch fraglich, ob der posttraumatische Kopfschmerz dafür ein gutes Modell ist. Zwar sind die ICHD-3 Kriterien für diesen Kopfschmerz gut operationalisierbar, es ist aber fraglich, ob daraus ein einheitliches Kopfschmerzsyndrom resultiert. So muss die Familiengeschichte, die eigene Vorgeschichte und die individuelle Semiologie der Kopfschmerzen berücksichtigt werden. Es waren zwar in dieser Studie Patienten mit einer Migräne in der Vorgeschichte ausgeschlossen, es wäre aber interessant gewesen, ob die Patienten mit einer Migräne in der mit Familiengeschichte (n = 30) eine andere Response zeigten als die Patienten ohne eine solche Familiengeschichte. Die Patienten zeigten auch unterschiedliche Semiologie, daher wäre eine Analyse der Patienten, die migräneartige posttraumatische Kopfschmerzen hatten, gegenüber den 20 Patienten mit einem Spannungskopfschmerz als posttraumatischen Kopfschmerz interessant gewesen. Bemerkenswert ist auch, dass 11 % der Patienten eine Aura angaben, also eher eine Migräneveranlagung zeigten. Schließlich muss auch das Ergebnis einer Reduzierung um 2,8 Kopfschmerztage im dritten Monat kritisch hinterfragt werden, da dies ziemlich genau der Placeborate in den doppelblinden Studien zu den Antikörpern bei der Migräne entspricht. Üblicherweise zeigen offene Studien eher eine höhere Wirksamkeit als doppelblinde Studien, sodass eine echte Wirksamkeit von Erenumab mit dieser Studie nicht sicher angenommen werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob eine der Firmen, die die CGRP-Antikörper entwickeln, zu einer solchen Studie bereit ist.

Stefan Evers, Coppenbrügge


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