Rehabilitation (Stuttg) 2021; 60(01): 06
DOI: 10.1055/a-1336-6009
Aktuelles

Positionspapier zur medizinischen Rehabilitation vor und bei Pflege

Viele Pflegebedürftige könnten mit medizinischer Rehabilitation eine bessere soziale Teilhabe erreichen. Doch obwohl die Anzahl pflegebedürftiger Menschen zunimmt, stagniert die Zahl der Rehabilitationsleistungen zur Vermeidung oder Verminderung von Pflegebedarf. Der Fachausschuss „Rehabilitation vor/bei Pflegebedürftigkeit“ der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) hat dies zum Anlass genommen, die Hemmnisse beim Zugang zur Rehabilitation zu analysieren und Vorschläge für eine bedarfsgerechte Rehabilitation dieser Personengruppe zu erarbeiten. Er kommt in seinem Positionspapier „Medizinische Rehabilitation vor und bei Pflege – Personenkreis, Situation und Lösungsvorschläge“ zu dem Schluss, dass in der aktuellen Versorgungspraxis das gesetzlich verankerte Prinzip „Rehabilitation vor Pflege“ nicht hinreichend durchgesetzt wird. Häufig wird Rehabilitationsbedarf nicht erkannt und ermittelt, Reha-Anträge werden zu spät oder gar nicht gestellt, oder es fehlen die passenden Reha-Angebote in Wohnortnähe.

In ihren Lösungsvorschlägen geht die DVfR darauf ein, wie Pflegebedürftigkeit durch gezielte Strategien vermieden oder vermindert und die Teilhabe pflegebedürftiger Menschen am Leben in der Gesellschaft gefördert werden kann. Sie fordert eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Ansätze zu einer teilhabeorientierten Pflege und deren Umsetzung in der Praxis, v. a. in der stationären und in der Kurzzeitpflege. Teilhabeorientierte Pflege solle sicherstellen, dass Rehabilitationsbedarf frühzeitig erkannt und dass entsprechende Reha-Verfahren eingeleitet werden. Die DVfR fordert zudem einen Ausbau der Angebote in der Rehabilitation vor und bei Pflegebedürftigkeit, damit regional mehr bedarfsgerechte bzw. indikationsspezifische Rehabilitationsangebote zur Auswahl stehen. Insbesondere seien mehr Angebote für ambulante und mobile Rehabilitation notwendig.

Zur Verbesserung der Qualität der Prozesse von der Identifizierung des Reha-Bedarfs über das Antragsverfahren bis zur Umsetzung und Nachsorge schlägt der Verband spezifische Maßnahmen vor. Beispielsweise müssten im Krankenhaus bei Patienten mit drohender oder bestehender Pflegebedürftigkeit obligatorische Screenings zur Ermittlung des Reha-Bedarfs etabliert werden.

Die Problematik der rehabilitativen Versorgung Pflegebedürftiger hängt nicht zuletzt mit der generellen Rolle der Rehabilitation in der medizinischen Gesamtversorgung zusammen. Um die Rehabilitation zu einem integralen Bestandteil der Versorgungskette zu machen, muss aus Sicht der DVfR die Aus-, Weiter- und Fortbildung der Ärzte und der anderen beteiligten Berufsgruppen verbessert werden. Aufgabe und Potenzial der Rehabilitation in der medizinischen Versorgung müssen besser vermittelt werden, sodass bei allen Erkrankungen mit drohenden anhaltenden Schädigungen die Möglichkeiten einer rehabilitativen Intervention bekannt sind. Dabei ist, so unterstreicht der Verband, der Auftrag der Rehabilitation nicht auf funktionelle Fortschritte beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Ermöglichung von Teilhabe. Nur unter dieser Zielperspektive sei eine angemessene Reha-Bedarfsermittlung möglich.

Das Positionspapier (66 Seiten) ist auf www.dvfr.de im Bereich „Arbeitsschwerpunkte ->Stellungnahmen“ zu finden.

(Quelle: DVfR)



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Article published online:
08 February 2021

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