Open Access
CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(04): 410-419
DOI: 10.1055/a-1515-2801
GebFra Science
Review/Übersicht

Häusliches versus stationäres Vorgehen bei frühem vorzeitigem Blasensprung: eine evidenzbasierte Übersicht

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Werner Rath
1   Medizinische Fakultät, Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel, Germany
,
Holger Maul
2   Frauenkliniken der Asklepios Kliniken Barmbek, Wandsbek und Nord-Heidberg, c/o. Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg, Germany
,
Ioannis Kyvernitakis
2   Frauenkliniken der Asklepios Kliniken Barmbek, Wandsbek und Nord-Heidberg, c/o. Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg, Germany
,
Patrick Stelzl
3   Universitätsklinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gynäkologische Endokrinologie, Kepler Universitätsklinikum, Johannes Kepler Universität Linz, Linz, Austria
› Institutsangaben
Preview

Zusammenfassung

Nach aktuellen Leitlinien gilt bei Schwangeren mit frühem vorzeitigem Blasensprung (PPROM) die stationäre Überwachung bis zur Geburt als Standard. Mit der steigenden Belastung geburtshilflicher Kliniken und der zunehmenden Bedeutung der Zufriedenheit und des Selbstbestimmungsrechts der Schwangeren stellt die häusliche Betreuung bei PPROM eine mögliche Alternative zur stationären Überwachung dar. Die wichtigste Voraussetzung für dieses Vorgehen ist die Gewährleistung der Sicherheit für Mutter und Kind. Aus 2 randomisierten kontrollierten Studien (RCT), die ein häusliches mit einem stationären Management verglichen, ließen sich aufgrund der geringen Fallzahl (n = 116) keine diesbezüglichen Rückschlüsse ziehen. Bis zum Jahr 2020 liegen aus 8 retrospektiven Vergleichsstudien (Kohorten-/Beobachtungsstudien) folgende Ergebnisse vor: keine signifikanten Unterschiede in der Rate mütterlicher Komplikationen (z. B. Chorioamnionitis, vorzeitige Plazentalösung, Nabelschnurvorfall) und in der neonatalen Morbidität, signifikant verlängerte Latenzperiode mit höherem Gestationsalter bei Geburt, höherem Geburtsgewicht der Kinder und signifikant kürzerer Verweildauer der Frühgeborenen auf der neonatalen Intensivstation, kürzerer stationärer Aufenthalt der Schwangeren sowie geringere Behandlungskosten bei häuslichem Management. Bedenken gegen dieses Vorgehen bestehen vor allem hinsichtlich unvorhersehbar auftretender Komplikationen mit Notwendigkeit zu raschen geburtshilflichen Interventionen, die dann nicht zeitgerecht durchführbar sind, wenn die Schwangere zu Hause ist. Voraussetzungen für ein häusliches Management sind die Compliance der Schwangeren, die Beachtung strikter Selektionskriterien und die Gewährleistung einer adäquaten häuslichen Überwachung. Ziel künftiger Forschung sollte eine genauere Risikoeinschätzung für geburtshilfliche Komplikationen durch Studien mit höheren Fallzahlen und die Standardisierung einer häuslichen Vorgehensweise unter evidenzbasierten Kriterien sein.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 17. Februar 2021

Angenommen nach Revision: 19. Mai 2021

Artikel online veröffentlicht:
29. September 2021

© 2021. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commecial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany