Aktuelle Kardiologie 2024; 13(03): 187-195
DOI: 10.1055/a-2285-3854
Kurzübersicht

Spezielle medikamentöse und interventionelle Therapieverfahren der hypertrophen Kardiomyopathie

Specific Drug and Interventional Treatment Options in Hypertrophic Cardiomyopathy
Hubert Seggewiß
1   Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland (Ringgold ID: RIN27207)
,
Angelika Batzner
2   Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland (Ringgold ID: RIN27207)
› Institutsangaben

Zusammenfassung

Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste genetische kardiale Erkrankung mit einer Prävalenz von 0,2–0,6% und einer ausgeprägten pathologischen, pathophysiologischen und klinischen Varianz. Aufgrund der therapeutischen Möglichkeiten stehen die bei 70% der betroffenen Patient*innen vorhandene dynamische linksventrikuläre Obstruktion und die seit einigen Jahren in den Vordergrund getretene linksventrikuläre Hyperkontraktilität im Vordergrund des Interesses. Die symptomatische, nicht obstruktive HCM wird entsprechend den Therapieempfehlungen der Herzinsuffizienz behandelt. Therapie der ersten Wahl bei symptomatischer hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) sind kardioselektive Betablocker und Verapamil als Nicht-Dihydropyridin-Kalziumantagonist. Selbstverständlich sollte aber zuvor der Einsatz gradientensteigender Medikamente vermieden werden. Bei Nichtansprechen ist aktuell der Septumreduktionstherapie mittels perkutaner Alkoholseptumablation oder in Einzelfällen der chirurgischen Myektomie der Vorzug zu geben. Bei HOCM mit einer Ausflussbahnobstruktion ist die Behandlung mit Myosin-Inhibitoren zugelassen. Ob diese langfristig wegen zahlreicher offener Fragen (Wechselwirkungsspektrum, Risiko der Verschlechterung der systolischen linksventrikulären Funktion mit notwendigen Kontrolluntersuchungen, Kosten) eine flächendeckende Alternative darstellt, kann aktuell nicht beurteilt werden.

Abstract

Hypertrophic cardiomyopathy (HCM) is the most common genetic cardiac disease with a prevalence of 0,2–0,6% and marked pathological, pathophysiological, and clinical variability. Due to the therapeutic options, the dynamic left ventricular obstruction – present in 70% of affected patients – and left ventricular hypercontractility, which has come to attention in recent years, are at the forefront of interest. Symptomatic non-obstructive HCM is treated according to the treatment recommendations for heart failure. First-line therapy for symptomatic hypertrophic obstructive cardiomyopathy (HOCM) are cardioselective beta-blockers and verapamil. Of course, the use of gradient-increasing medication should be avoided beforehand. In case of persisting symptoms, septal reduction therapy using percutaneous alcohol septal ablation or, in individual cases, surgical myectomy are first line treatment options. Treatment with myosin-inhibitors is approved for HOCM and outflow tract obstruction. Whether this represents a reasonable alternative in the long term cannot currently be assessed due to numerous open questions (spectrum of interactions, risk of deterioration of systolic left ventricular function with necessary echocardiographic controls, costs).

Was ist wichtig?
  • Eine spezifische Behandlung für Patient*innen mit symptomatischer hypertropher nicht obstruktiver Kardiomyopathie (HNCM) besteht nicht. Bei dieser schwer therapiebaren Form der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) wird trotz Fehlens von Studien nach den Empfehlungen der Behandlung der Herzinsuffizienz vorgegangen.

  • Bei der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) ist in erster Linie der Nachweis einer bedeutsamen Obstruktion (Ruhegradient ≥ 30 mmHg und/oder Belastungsgradient ≥ 50 mmHg) sowie der Obstruktionslokalisation und des -mechanismus erforderlich. Im Rahmen der pharmakologischen Therapie muss der Einsatz gradientenfördernder Medikamente vermieden werden. Therapie der ersten Wahl sind kardioselektive Betablocker und Verapamil als Nicht-Dihydropyridin-Kalziumantagonist.

  • Bei Nichtansprechen ist aktuell der Septumreduktionstherapie mittels perkutaner Alkoholseptumablation der Vorzug zu geben. In Einzelfällen kann eine chirurgische Myektomie indiziert sein.

  • Ob die Behandlung mit Myosin-Inhibitoren, für die aktuell nur die Zulassung bei HOCM mit einer Ausflussbahnobstruktion besteht, langfristig eine Therapiealternative darstellt, wird angesichts des Wechselwirkungsspektrums, der aufgrund des Risikos der Verschlechterung der systolischen linksventrikulären Funktion notwendigen Kontrolluntersuchungen und auch der Kosten bei aktuell fehlendem Zusatznutzennachweis gezeigt werden.

  • Letztendlich soll die einzuleitende Therapie immer im Rahmen einer Einzelfallentscheidung getroffen werden, die optimalerweise in Abstimmung zwischen Patient*innen und einem erfahrenen HCM-Team erfolgt.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
29. Mai 2024

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