Krankenhaushygiene up2date 2025; 20(03): 207
DOI: 10.1055/a-2588-0421
Studienreferate

Kommentar zu „Vakuumverband nach Notfalllaparotomie?“

Authors

    Rezensent(en):
  • Sebastian Schulz-Stübner

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10.1055/a-2588-0406

Der Nutzen von Vakuumverbänden zur Prävention postoperativer Wundinfektionen wird in der Literatur und unter Chirurgen kontrovers diskutiert. Die Society of Hospital Epidemiology of America (SHEA) listet das Verfahren unter den “additional approaches” mit moderater Evidenz und formuliert vorsichtig, Vakuumverbände in bestimmten Patientengruppen zu erwägen [1]. Was wären nun vor dem Hintergrund der negativen Ergebnisse der aktuellen Studie bei notfallmäßigen abdominalchirurgischen Eingriffen, die bisher als mögliche Indikation galten, sinnvolle Indikationen?

In einem Cochrane-Review zu Infektionspräventionsmaßnahmen in der Kardiochirurgie [2] ergab sich folgendes Bild beim Vergleich der Unterdruck-Wundtherapie (NPWT) zu Standardverbänden: Die NPWT wurde in zwei Studien (n = 144) untersucht und konnte die Gesamtzahl der SSI reduzieren, allerdings bei als unsicher eingestufter Evidenz (RR 0,17, 95% CI 0,03 bis 0,97; I2 = 0%; NNTB = 10; Evidenz mit sehr geringer Sicherheit). Eine einzige Studie (n = 80) berichtete über Reoperationen bei SSI. Der relative Effekt konnte nicht geschätzt werden. Die Sicherheit der Evidenz wurde als sehr gering eingestuft. Keine Studie berichtete über oberflächliche/tiefe SSI, Gesamtmortalität, Krankenhauswiederaufnahme wegen SSI oder unerwünschte Wirkungen.

Costa et al. konnten auch bei Frakturen der unteren Extremitäten bei schwerem Trauma keinen Benefit für die Vakuumversorgung zeigen [3].

Unter infektionspräventiven Aspekten gibt es derzeit keine gesicherte Indikation für den routinemäßigen Einsatz der Unterdruck-Wundtherapie zur Prävention postoperativer Wundinfektionen. Die Indikation sollte daher individualmedizinisch unter operationstechnischen Aspekten gestellt werden, wenn z.B. der primäre Wundverschluss bei drohendem Kompartmentsyndrom nicht möglich ist, oder ein Second-Look geplant ist bzw. die Weichteilverhältnisse eine offene Wundheilung erfordern und chirurgischerseits eine Vakuumtherapie gegenüber der konventionellen offenen Wundbehandlung für vorteilhaft gehalten wird.

Die hohen Kosten, das Abfallaufkommen und der Aufwand bei der Vakuumtherapie müssen dabei ebenfalls beachtet werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
30. September 2025

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  • Literatur

  • 1 Yokoe DS, Advani SD, Anderson DJ. et al. Executive Summary: A Compendium of Strategies to Prevent Healthcare-Associated Infections in Acute-Care Hospitals: 2022 Updates. Infect Control Hosp Epidemiol 2023; 44: 1540-1554
  • 2 Rogers LJ, Vaja R. Cardiothoracic Interdisciplinary Research Network. et al. Interventions to prevent surgical site infection in adults undergoing cardiac surgery.. Cochrane Database Syst Rev 2024; 12: CD013332
  • 3 Costa ML, Achten J, Knight R. et al. WHIST Trial Collaborators. Effect of Incisional Negative Pressure Wound Therapy vs Standard Wound Dressing on Deep Surgical Site Infection After Surgery for Lower Limb Fractures Associated With Major Trauma: The WHIST Randomized Clinical Trial. JAMA 2020; 323: 519-526