Zusammenfassung
Einleitung: Der Beitrag thematisiert in seiner Reflexion zum Begriff der sogenannten „geistigen
Behinderung‘ ein Dilemma unseres Berufsstands: zum einen für Menschen mit Behinderungen
gesellschaftliche Teilhabe und Inklusion erreichen zu wollen, doch dies bei gleichzeitiger
Verbesonderung unserer Klientel durch die Übernahme gesellschaftlich negativ besetzter
Zuschreibungen und die darauf aufbauende Therapie. Er verdeutlicht das darin angelegte
Paradox, dass Therapie und Hilfe nur unter der Zuweisung einer in diesem Fall stigmatisierenden
Diagnose erfolgen, die dem eigentlich wohlgemeinten Anspruch zuwiderläuft und stattdessen
zur Exklusion betroffener Menschen führt.
Methode: Es wurde ein Literaturvergleich zur Darstellung und Diskussion vergangener und gegenwärtiger
Positionen zum Begriff „geistige Behinderung‘ vorgenommen.
Diskussion: Welche Zuschreibung erscheint angemessen, gibt es Alternativen, die nicht diskriminieren
und die mit der Diagnose einhergehende Stigmatisierung verhindern können? Oder geht
es nicht vielmehr bei den Leitideen „Selbstbestimmung‘, „Empowerment‘, „Inklusion‘,
„Teilhabe‘ und „Normalisierung‘ um eine grundlegende gesellschaftliche Neuorientierung,
nämlich ohne Angst verschieden sein zu können, in der das normative Hilfesystem und
seine Begrifflichkeiten grundlegend infrage gestellt werden müssen?
Schlussfolgerung: Dazu benötigt es den Diskurs, auch über Sichtweisen auf ein Phänomen wie der „geistigen
Behinderung‘, das bisher zu unklar, vage und wenig präzise erfasst wurde.
Ergebnisse: Aus Mangel an überzeugenden Alternativen wird ein relativistischer Standpunkt vertreten,
doch wird diese normative Enthaltsamkeit nur als ein vorläufiger Schritt propagiert,
um einen Diskurs über notwendige zukünftige Sichtweisen auch in der Ergotherapie anzuregen.
Abstract
Introduction: This paper, in its reflection on the term ‘mental handicap’ considers one of our
professional dilemmas: On the one hand, attempting to realize societal participation
and inclusion for people with handicaps, without simultaneously brandmarking our clients
with a description that has a negative social connotation and leads to specific therapeutic
interventions. The text shows the paradoxes of our profession, that therapy and help
is not possible without using the stigmatizing diagnosis, which then runs contrary
to our aim, resulting in exclusion.
Methods: The research method is a review of the literature in order to show and discuss the
past and current use of the term ”mental handicap.”
Discussion: What kind of designation is appropriate, are there alternatives that appear non-discriminatory
which could prevent stigmatization? Isn’t it that the central themes „self-determination‘,
„inclusion‘, „empowerment‘, „participation‘ and „normalization‘ are calling for a
fundamental change in the understanding of human co-existence without fear of being
different? This means that the normative helping system and its terminology should
be radically called into question.
Conclusion: For this purpose we need further discussion of the phenomenon of ”mental handicap”
which up to now has been defined unclearly, vaguely and imprecisely.
Results: For want of plausible alternatives, the author presents a relativistic point of view.
But this normative abstinence should only be a provisional step toward initiating
a discussion that would lead to future perspectives, also for occupational therapy.
Schlüsselwörter
Geistige Behinderung - Begriffsdefinition - Diskurs - Stigma - Diagnostik
Key words
mental handicap - terms - discourse - stigma - diagnostics