Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(2): 52
DOI: 10.1055/s-0029-1225580
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Hirnforschung - Infrarotlicht kann Gedanken lesen

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Publication Date:
16 June 2009 (online)

 

Erstmals ist es gelungen, spontane Gedanken der Zustimmung oder Verneinung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu entschlüsseln. In einem Experiment an der kanadischen Kinderklinik Bloorview Kids Rehab erkannten Neurologen aus der Absorption von Infrarot-ähnlichem Licht im Gehirngewebe, für welche von zwei Möglichkeiten sich ihre Versuchspersonen entschieden. Das im Journal of Neural Engineering veröffentlichte Experiment ist Teil von Forschungen, die es sprech- und bewegungsbeeinträchtigten Kindern ermöglichen sollen, sich durch kleine Körperbewegungen wie Atemrhythmus, Herzschlag oder Gehirntätigkeit mitzuteilen.

Dazu setzten die Probanden ein Kopfband mit Fiberoptik auf, das einen Lichtstrahl in die Frontallappen des Großhirns aussendete. Sie wurden aufgefordert, in Gedanken zu entscheiden, welches von zwei nacheinander gezeigten Getränken sie bevorzugten. Die Forscher maßen die Absorption des Lichtes. Da bei manchen Leuten das Gehirn bei Zustimmung, bei anderen bei Abneigung stärkere Aktivität zeigte, wurde der Computer zunächst auf das Muster der Gehirnaktivität des jeweiligen Probanden trainiert. Als Ergebnis gelang den Wissenschaftlern eine Vorhersage, die in acht von zehn Fällen stimmte. Bei bisherigen Versuchen war diese Dekodierung nur durch die Umleitung der Bejahung in andere mentale Aktivitäten möglich gewesen, etwa durch das gedankliche Singen eines Liedes.

Die Forscher um Sheena Luu streben die Entwicklung eines Infrarot-Sensors an, der im vorderen Teil des Gehirns implantiert ist und durch kabellose Übertragung auch Kindern, die nicht sprechen und sich nicht bewegen können, die Möglichkeit eigener Entscheidung geben kann, womit das Gefühl der Hilflosigkeit ein Stück überwunden werden könne. Die zufälligen Gedanken eines Menschen könne man jedoch auch in Zukunft nicht entschlüsseln, so Sheena Luu. "Dazu ist das Gehirn zu komplex. Doch wenn wir die Entscheidungen auf Fragen und wenige zur Verfügung stehende Antworten beschränken, dann ist Gedankenlesen möglich."

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