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DOI: 10.1055/s-0029-1235795
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Dyslipidämie bei Diabetes mellitus - Enger Zusammenhang zwischen Kardioprotektion und Lipidprofil
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
12. August 2009 (online)
Typ-2-Diabetiker haben ein hohes kardiovaskuläres Risiko. So entwickeln sie etwa 2- bis 4-mal häufiger eine koronare Herzerkrankung als Personen der Allgemeinbevölkerung, und 75 % der Todesfälle bei Diabetikern gehen auf das Konto kardiovaskulärer Ereignisse. Daher ist nicht nur die Kontrolle des Blutzuckers von Typ-2-Diabetikern wichtig. Es gilt auch, ihr kardiovaskuläres Risiko in den Griff zu bekommen. Pioglitazon kann beides beeinflussen - die Hintergründe für diesen "doppelten" Effekt hat Prof. Werner Haberbosch, Suhl, im Gespräch mit Dr. Beate Fessler bewertet.
? Typ-2-Diabetiker haben ein typisches Lipidprofil mit erhöhten Triglyzeridspiegeln und niedrigem HDL-Cholesterin. Wie kommt es zu dieser diabetischen Dyslipidämie?
Prof. Werner Haberbosch: Maßgeblich ist die Insulinresistenz, die eine gesteigerte Lipolyse in den Fettzellen bedingt. Es kommt zur Freisetzung freier Fettsäuren, die in der Leber in "very low densitiy lipoproteine"(VLDL)-Cholesterin eingebaut werden. Im Blut werden die Triglyzeride (TG) dann durch das Cholesterinestertransferprotein (CETP) von VLDL- auf LDL-Cholesterin übertragen.
Hauptsächlich die hepatische Triglyzeridlipase hydrolisiert die großen triglyzeridreichen LDL-Partikel, sodass kleine, proteinreiche und sehr aggressive atherogene Substanzen entstehen. Diesen durch das CETP vermittelten Austausch gibt es aber auch zwischen VLDL- und HDL-Partikeln. Auch triglyzeridreiche HDL-Partikel werden von der hepatischen Triglyzeridlipase hydrolisiert und können ihre günstigen Effekte auf das Lipidprofil dann nicht mehr so stark ausüben.
? Typ-2-Diabetiker haben ein hohes kardiovaskuläres Risiko. Inwieweit ist die diabetische Dyslipidämie daran beteiligt?
Haberbosch: Die diabetische Dyslipidämie hat meines Erachtens einen hohen Anteil am kardiovaskulären Risiko der Diabetiker. Die PROCAM[1]-Studie, aber auch andere Untersuchungen und Metaanalysen haben klar gezeigt, dass die Hypertriglyzeridämie ein unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor ist. Das allein reicht eventuell schon, um das erhöhte kardiovaskuläre Risiko bei Typ-2-Diabetikern zu erklären.
Aber auch die erwähnten Veränderungen bei HDL- und LDL-Lipoproteinen spielen hier möglicherweise eine Rolle. Über die Rolle des HDL-Cholesterins können wir erst dann etwas sagen, wenn wir Wirkstoffe haben, welche die HDL-Cholesterinspiegel direkt erhöhen und die entsprechenden Effekte messen können.
? Auch die Dyslipidämie sollte bei Typ-2-Diabetikern im Fokus der Therapie stehen. Was bedeutet das für die Wahl des oralen Antidiabetikums?
Haberbosch: Eine wirklich effektive und nachhaltige Senkung der Triglyzeride und eine Erhöhung von HDL-Cholesterin konnte bislang nur für Pioglitazon gezeigt werden, und zwar in allen zugelassenen Kombinationen. Jedes andere orale Antidiabetikum macht das nur in geringerem Maße. Schlüsselereignis ist dabei der Einfluss der Glitazone auf die Insulinresistenz.
Sicherlich spielen dabei aber noch viele andere günstige Effekte eine Rolle, etwa die Wirkung von Pioglitazon auf die Regulation der Synthese verschiedener Apoproteine. Diese Bestandteile von Lipoproteinen haben einen wichtigen Einfluss auf den Metabolismus. Pioglitazon erhöht die Synthese von Apoprotein AI, dem Hauptprotein des HDL-Cholesterins und inhibiert die Bildung von Apoprotein CIII, das wiederum die Lipoproteinlipase hemmt. So erhöhen sich die HDL-Cholesterinspiegel im Blut, während die Serumspiegel der VLDL-Triglyzeride sinken.
Statine dagegen verringern die Synthese von LDL-Cholesterin über eine Hemmung der HMG-CoA-Reduktase. Statine und Pioglitazon wirken also synergistisch auf die Dyslipidämie.
? Ist die kardioprotektive Wirkung von Pioglitazon, den die PROactive [2] -Studie zeigte, mit dem Einfluss auf die Triglyzeride und das HDL-Cholesterin zu erklären?
Haberbosch: Dies ist eventuell von entscheidender Bedeutung. In allen Studien zeigt sich ein konsistent günstiger Einfluss von Pioglitazon auf das Lipidprofil - ein Effekt, den bislang kein anderes Antidiabetikum in Studien zeigen konnte. In der PROactive-Studie hat die Therapie mit Pioglitazon kardiovaskuläre Ereignisse reduziert.
Der Großteil der Wirkung von Pioglitazon ist wohl auf seinen Einfluss auf das Lipidprofil zurückzuführen. Die positiven Effekte der Substanz im Hinblick auf kardiovaskuläre Protektion basieren wahrscheinlich auch auf der nachgewiesenen Senkung des hochsensiblen C-reaktiven Proteins und der Verbesserung der endothelialen Funktion.
! Herr Professor Haberbosch, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Das Interview führte Dr. Beate Fessler am Rande der 44. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG). Dieses Interview entstand mit freundlicher Unterstützung der Takeda Pharma GmbH, Aachen. Dr. Beate Fessler, München, ist freie Journalistin. |
01 PROspective CArdiovascular Münster study
02 PioglitAzone Clinical Trial In macroVascular Events study