Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P670
DOI: 10.1055/s-0029-1238763

Einfluss einer Kühlweste während körperlicher Aktivität auf Körpertemperatur, Leistungsfähigkeit und subjektives Hitzeempfinden bei MS-Patienten

A Werner 1, A Tallner 1, K Pfeifer 1, M Mäurer 1
  • 1Erlangen, Bad Mergentheim

Hintergrund: In vielen Studien konnten positive Effekte von Kühlung auf die motorische und kognitive Leistungsfähigkeit bei MS-Patienten gezeigt werden. Es existieren jedoch nur wenige Studien mit kleinen Stichproben zum Einfluss der Kühlung bei MS-Patienten während körperlicher Aktivität. Auch wurde meist die Körpertemperatur als wichtiger Parameter für die Effektivität der Kühlung nicht erfasst.

Ziel: Bestimmung des Einflusses einer Kühlweste ([ventilation vest]®, ENTRAK, Germany) auf Körpertemperatur, Leistungsfähigkeit und Hitzeempfinden während körperlicher Aktivität bei MS-Patienten.

Methoden: In einem randomisierten kontrollierten Cross-Over-Design wurden 22 MS-Patienten (Alter=42,18 +-8,77; EDSS=2,19 +-1,35) rekrutiert. Es waren 2 Messzeitpunkte vorgesehen, an denen jeweils eine Fahrradergospirometrie bis zur subjektiven Ausbelastung durchgeführt wurde. Ein Test wurde mit, der andere ohne Kühlweste bei einer Hitzeexposition von jeweils 27°C durchgeführt.

Vor, während und nach der Belastung wurden Hauttemperatur (Temperaturfühler) und Oraltemperatur (Infrarotthermometer) sowie subjektives Hitzeempfinden (mod. Borg-Skala) erfasst. Die Leistungsfähigkeit wurde anhand der Gesamtbelastungszeit und des Zeitpunkts bei Erreichen der anaeroben Schwelle beurteilt.

Ergebnisse: Durch die Kühlweste konnte im Vergleich zum Test ohne Weste nach der Belastung die Hauttemperatur (32,2±0,2 vs. 33,8±0,2; p=0,000) und die Oraltemperatur (35,3±0,2 vs. 35,8±0,2; p=0,02) signifikant verringert werden. Bei den Belastungsparametern Gesamtbelastungszeit in Minuten mit und ohne Kühlweste (24,0±1,5 vs. 22,7±1,5; p=0,559) und Erreichen der respiratorischen Schwelle in Minuten nach Testbeginn (12,2±1,1 vs. 9,9±1,1; p=0,150) waren die Unterschiede nicht signifikant. Bei dem subjektiven Parameter Hitzeempfindlichkeit (12,4±0,6 vs. 13,8±0,6, p=0,239) waren die Unterschiede ebenfalls nicht signifikant.

Schlussfolgerungen: Durch die Kühlweste konnte die Körpertemperatur bei Belastung gesenkt werden. Die nicht signifikanten Unterschiede bei Parametern der Leistungsfähigkeit lassen jedoch keine gesicherte Aussage über eine potentielle leistungssteigernde Wirkung der Kühlweste zu. 11 Probanden zeigten eine verzögerte oder verringerte Schweißreaktion, was die Wirkung der ventilatorischen Kühlung beeinflusst haben könnte. In zukünftigen Studien mit MS-Patienten zu Kühlung bei körperlicher Aktivität sollte autonomen Funktionsstörungen Rechnung getragen werden.