Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P718
DOI: 10.1055/s-0029-1238811

Identifikation und erfolgreiche operative Entlastung symptomatischer Nervenkompressionen an der unteren Extremität bei Patienten mit Polyneuropathie und Restless-Legs-Syndrom

M Raghunath 1
  • 1Frankfurt/Lebach

Periphere Polyneuropathien (PNP) beim Diabetiker und Nicht-Diabetiker können an der unteren Extremität starke Schmerzen verursachen, die zum Teil therapieresistent sind.

Mit dem 1992 von Prof. A. Lee Dellon, Baltimore, entwickelten Konzept werden unter PNP Patienten diejenigen mit symptomatischer Nervenkompression identifiziert und entsprechend chirurgisch dekomprimiert.

Der Autor hat die Dellon- Methode erstmals in Deutschland angewandt und berichtet über die klinische Wirksamkeit.

Unter den Patienten, die sich vorstellten mit brennenden, insb. nächtlichen Schmerzen und Gefühlsstörungen im Bereich der unteren Extremität fanden sich die Diagnosen diabetische PNP (50%), PNP unklarer Genese, Chemotherapie-induzierte PNP, Restless-legs-Syndrom (n=4). Die Indikation zur Entlastung komprimierter Nerven an den anatomischen Engstellen wurde anhand der Anamnese (asymmetrische Beschwerden), der klinischen Untersuchung und einer Sensibilitätstestung mit dem PSSD (pressure specified sensory device) gestellt.

Im Zeitraum von 08/06 bis 03/09 wurden bei 72 Patienten 88 Nervendekompressionen an der unteren Extremität bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern durchgeführt. Bei 18% der Patienten wurde bereits die zweite Seite operiert. Es wurden immer der N. peroneus communis, der N.peroneus profundus und der N. tibialis posterior mit Endästen in den tarsalen Tunneln dekomprimiert.

Nachuntersucht wurden 74 Dekompressionen an 66 Patienten mit einer Nachbeobachtungszeit von 3 Monaten bis 2,5 Jahren. Die prae- und postoperative Schmerzintensität wurde von den Patienten mittels prozentualer Einschätzung und visueller Analogskala selbst bestimmt, während die Sensibilität mit dem PSSD gemessen wurde.

84% der Nervendekompressionen bei Diabetikern und 82% bei Nicht-Diabetikern führten zu einer guten (>50%) bis sehr guten (>75%) Verbesserung der Schmerzsituation. Die Werte der VAS verbesserten sich im Schnitt von 8,2 auf 2,2. Bei 30% bzw. 34% der operierten Patienten kam es zu einer kompletten Schmerzfreiheit. 91% der Patienten zeigten eine Verbesserung der Sensibilität.

Die Ergebnisse zeigen, dass es bei PNP- und RLS-Patienten eine Untergruppe mit symptomatischen Nervenkompressionen an der unteren Extremität gibt, die identifiziert und durch operative Dekompression erfolgreich behandelt werden können.

Die Ergebnisse für die PNP korrelieren gut mit bisher publizierten Daten aus den USA.

Nach Kenntnisstand des Autors ist dies die Erstbeschreibung über eine solche Behandlung bei RLS.