Einleitung/Hintergrund: Eine wichtige Voraussetzung zur validen Schätzung des Inzidenztrends einer Erkrankung
ist eine hinreichend lange Beobachtungsdauer. Ziel der Studie war eine Trendanalyse
der Inzidenz des Typ 1-Diabetes bei Kindern im Alter von 0–14 Jahren basierend auf
Daten aus NRW über zwei Dekaden. Material und Methoden: Die Analyse nutzt Daten des NRW-Diabetes-Registers, das Typ 1-Diabetesneuerkrankungen
mit drei Datenquellen erfasst: prospektives klinikbasiertes Surveillancesystem ESPED,
jährliche Befragungen von Praxen sowie die computerbasierte DPV-Dokumentation. Die
Studienregion umfasst 7 Kreise des Regierungsbezirks Düsseldorf mit einer durchschnittlichen
Risikopopulation von etwa 389.000 Kindern im Alter von 0–14 Jahren im Studienzeitraum
1987–2008. Die Erfassungsvollständigkeit wurde mit der Capture-Recapture-Methode geschätzt.
Inzidenzen pro 100.000 Personenjahre (95%-KI) wurden unter Poisson-Verteilungsannahme
geschätzt. Trendanalysen wurden mithilfe von Poisson-Regressionsmodellen durchgeführt.
Ergebnisse: Im Zeitraum 1987–2008 wurden insgesamt 1.478 neu an Typ 1-Diabetes erkrankte Kinder
im Alter von 0–14 Jahren dokumentiert (783 Jungen, 695Mädchen). Die Erfassungsvollständigkeit
lag bei 94,5%. Die Inzidenzrate wurde auf 17,2 (16,4–18,1) geschätzt. Die Inzidenzrate
bei Jungen lag etwas höher als bei Mädchen (17,9 vs. 16,6, p=0,161). Die Inzidenz
stieg mit dem Alter signifikant an (0–4, 5–9, 10–14 Jahre: 11,7, 19,1, 20,9, p<0,001).
Der durchschnittliche jährliche Inzidenzanstieg betrug 3,4% (2,6%-4,3%), jahresweise
korrigiert für die Erfassungsvollständigkeit 2,7% (1,8%-3,5%). Insgesamt gab es keine
signifikanten Unterschiede im erfassungskorrigierten Inzidenztrend zwischen Jungen
und Mädchen (2,5% vs. 2,8%, p=0,767) bzw. zwischen den Altersgruppen (0–4, 5–9, 10–14
Jahre: 3,3%, 2,9%, 2,1%, p=0,489). Die altersspezifischen Trends bei Mädchen waren
jedoch tendenziell unterschiedlich (p=0,063) im Gegensatz zu den altersspezifischen
Trends bei Jungen (p=0,522). Diskussion/Schlussfolgerungen: Diese Trendanalyse über den Zeitraum von 22 Jahren bestätigt den kontinuierlichen
Inzidenzanstieg des Typ 1-Diabetes. Angesichts des ansteigenden Trends und der zu
erwartenden Diabeteskomplikationen gewinnt die Diabeteserkrankung im Kindesalter zunehmend
an Bedeutung im Gesundheitssystem. Die Arbeit wurde unterstützt durch das „Kompetenznetz
Diabetes mellitus“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen
01GI0802).