Hintergrund: Der positive Einfluss des Stillverhaltens auf die kindliche Gesundheit und Entwicklung
ist gut belegt. Allerdings werden Kinder von sozial benachteiligten Müttern, Raucherinnen
oder Kinder mit Geburtskomplikationen signifikant seltener gestillt, woraus sich Nachteile
für ihre Entwicklung ergeben können. Im Rahmen des Modellprojektes „Pro Kind“, das
sich zum Ziel gesetzt hat, das mütterliche Gesundheitsverhalten finanziell und sozial
risikobelasteter Mütter zu verbessern und darüber die kindliche Gesundheit und Entwicklung
positiv zu beeinflussen, stellt auch das Stillverhalten ein zentrales Thema dar. In
diesem Beitrag wird die Wirksamkeit des Hausbesuchsprogramms „Pro Kind“ auf die Stillabsicht,
das Stillverhalten und die Stilldauer hochrisikobelasteter Mütter im Rahmen eines
randomisierten Kontrollgruppendesigns betrachtet. Methoden: Zu mehreren Erhebungszeitpunkten während und nach der Schwangerschaft werden N=755
in das Projekt aufgenommene Frauen aus Treatment- und Kontrollgruppe im standardisierten
Face-to-Face-Interview u.a. zum Thema Stillen befragt. Die kindliche Entwicklung wird
mit den BSID-II im Alter von sechs, 12 und 24 Monaten erfasst. Ergebnisse: Die in der Literatur gefundenen positiven Zusammenhänge zwischen dem Stillverhalten,
der Dauer des Stillens und den Zielvariablen der kindlichen Gesundheit und Entwicklung
lassen sich in der vorliegenden Untersuchung insbesondere für die kognitive Entwicklung
bestätigen. Eine Wirkung des Treatments auf das Stillverhalten ist allerdings nicht
nachweisbar. Allerdings erreichen die gestillten Kinder in der Treatmentgruppe die
höchsten MDI-Skalenwerte in den BSID-II im Alter von sechs und 12 Monaten, gefolgt
von den gestillten Kontrollgruppenkindern. Während bei den nie gestillten Kontrollgruppenkindern
die MDI-Skalenwerte bis zum Alter von 12 Monaten absinken, steigen sie bei den nie
gestillten Treatmentgruppenkindern an. Diskussion: Die vorliegenden Befunde bestätigen das Stillverhalten als wichtige Zielvariable
Früher Hilfen und unterstreichen ihre Förderung und Thematisierung im Rahmen der Begleitung
durch „Pro Kind“. Offene Forschungsfragen betreffen weitere Determinanten des Stillverhaltens,
wie z.B. die Mutter-Kind-Bindung, die möglicherweise durch den Einsatz des CARE-Indexes
zur Erfassung der mütterlichen Feinfühligkeit im Rahmen der Begleitforschung beantwortet
werden können.