Aktuelle Neurologie 2011; 38 - P56
DOI: 10.1055/s-0031-1276561

Behandlung einer Achalasie mit Xeomin®

G. Reichel 1, R. Müller 1, A. Stenner 1
  • 1Zwickau

Bei der Achalasie (griech.: Nichterschlaffung) handelt es sich um eine neurologische Erkrankung: Dauerkontraktion des unteren Ösophagussphinkters (früher: „Kardiospasmus“) infolge entzündlicher Zerstörung der Ganglienzellen des Auerbach-Plexus im unteren Ösophagus. Oberhalb der Stenose kommt es zu einer Lumenerweiterung mit Aufstau von Speisebrei und sekundärer Überwucherung durch Bakterien und Pilze. Klinisch finden sich Dysphagie, sternale Schmerzen und Regurgitation von unverdautem Speisebrei. Der bakterien- und pilzüberwucherte Speisebrei kann zu einer chronischen Retentionsösophagitis und oft, wegen der horizontalen Lage beim Schlafen, nach nächtlicher Aspiration zur Pneumonie führen. Besteht die Achalasie lange, treten in etwa 3% der Fälle Plattenepithelkarzinome auf. Das Krankheitsbild wurde bereits im Jahr 1674 durch den englischen Anatom Sir Thomas Willis beschrieben.

Fallbericht: Eine jetzt 36-jährige Verkäuferin wurde uns wegen „unklarer Schluckbeschwerden“ von einer neurologischen Fachkollegin vorgestellt. Die Patientin klagte über Schluckstörungen, das Essen käme so wieder heraus, wie sie es zu sich genommen habe. Sie nahm in den letzten 6 Monaten 10kg an Gewicht ab. Eine internistische Untersuchung einschließlich Gastroskopie hatte keine Ursache für ihre Beschwerden aufgedeckt. Der bei uns durchgeführte Röntgen-Breischluck klärte die Diagnose (Abb.1 links).

Unter Propofol-Anästhesie wurde eine Gastroösophagoskopie durchgeführt; bei der nüchternen Patientin zeigten sich dabei Speisereste im distalen Ösophagus. Es erfolgte die endoskopische Injektion von je 25 Einheiten Xeomin® in alle 4 Quadranten knapp oberhalb der Ora Serrata mit einer 6mm-Nadel. Bereits am Folgetag bemerkte die Patientin eine deutliche Besserung der Schluckbeschwerden. Der Röntgenbreischluck zeigte nach 14 Tagen die Normalisierung der Ösophagusmotilität (Abb.1 rechts).

In der Literatur wird 18 Monate nach der Botulinumtoxin (BTX)-Behandlung noch eine Rate der Beschwerdefreiheit von 72% angegeben. Eine Wiederholung der BTX-Injektionen ist ohne Einschränkungen möglich. Die Behandlung mit oralen Medikamenten ist nur wenig erfolgreich. Die Alternativen zum BTX – Ballonkatheterdilatation oder operative Behandlung des Spasmus – sind durch höhere Komplikationsraten gekennzeichnet.

Abb. 1