Zentralbl Chir 2013; 138(1): 45-52
DOI: 10.1055/s-0031-1283921
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinisches Versorgungszentrum – geeignetes Instrument der ambulanten patientenadäquaten Versorgung und leistungsgerechten Vergütung

Medical Care Unit – A Suitable Instrument for Ambulatory Patient-Adequate Care and Performance-Related Remuneration
P. Rudolph
1   Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen, Magdeburg, Deutschland
2   EUMEDIAS Heilberufe AG, Vorstand, Magdeburg, Deutschland
,
D. Isensee
3   EUMEDIAS Heilberufe AG, Consulting, Magdeburg, Deutschland
,
E. Gerlach
3   EUMEDIAS Heilberufe AG, Consulting, Magdeburg, Deutschland
,
H. Groß
3   EUMEDIAS Heilberufe AG, Consulting, Magdeburg, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
08 March 2012 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Die Frage, ob ein Medizinisches Versorgungszentrum ein geeignetes Instrument zur ambulanten Versorgung ist, wird seit längerer Zeit diskutiert. Ziel ist es zu untersuchen, ob MVZ ein probates Instrument der ambulanten patientenadäquaten Versorgung und leistungsgerechten Vergütung sind.

Material und Methoden: Die retro- und zum Teil prospektive Übersichtsarbeit beinhaltet Aussagen zu rechtlichen Grundlagen zum MVZ, zur Vergütung von Leistungen in MVZ, zur Entwicklung von MVZ in Deutschland und zu spezifischen Vor- und Nachteilen von MVZ. Dabei fokussiert der Artikel vordergründig allgemeingültige Fakten und ergänzt diese exemplarisch mit Beispielen für die Allgemeine, Viszeral- oder Gefäßchirurgie. Die zentralen quantitativen Daten zur MVZ-Statistik stammen aus unterschiedlichen Publikationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Ergebnisse: Aus rechtlicher Sicht ermöglicht das Instrument MVZ ambulanten sowie stationären Leistungserbringern die Teilnahme an der Vertragsärztlichen Versorgung. Dabei erweitert sich besonders für den stationären Bereich das Spektrum an Möglichkeiten, was unter gewissen Umständen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in strukturschwachen Regionen beitragen kann. Freiberufler können in erster Linie von finanzieller Risikominimierung und bürokratischer Entlastung profitieren. Die Vergütung der erbrachten Leistungen in MVZ erfolgt analog zu anderen ambulanten Leistungserbringern. Grundsätzlich sind dabei keine Nachteile, sondern vielmehr größere Gestaltungsfreiräume und Möglichkeiten zur Generierung von Zuschlägen erkennbar. Die Anzahl der MVZ in Deutschland hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre nahezu vervierfacht, was für eine Etablierung in der ambulanten Versorgungslandschaft spricht. MVZ bieten aus Sicht der Patienten, der Leistungserbringer und der Politik spezifische Vor- und Nachteile. Zwar überwiegen die Vorteile, jedoch sind diese bisher nicht durch qualitative Studien verifiziert.

Schlussfolgerung: Die Frage nach der Eignung von MVZ als ambulantes Versorgungsinstrument muss differenziert betrachtet werden. Unter gegenwärtigen Bedingungen erscheint das MVZ zur Sicherstellung und Ergänzung der Versorgung geeignet. Ob ein Mehrwert in der Versorgungsqualität von Patienten generiert werden kann, ist jedoch gesondert zu untersuchen, da bisher kein valides Datenmaterial vorliegt. Selbiges gilt für ökonomische Bewertungen der Kosten und Nutzen aus volkswirtschaftlicher Sicht.

Abstract

Background: The question of whether a medical care unit is an appropriate tool for outpatient care has been discussed for a long time. Our aim is to investigate whether the MCU is an effective instrument for outpatient care and adequate performance-related remuneration.

Material and Methods: This retro- and prospective overview of the work included statements on legal foundations for medical care units, for reimbursement of services in medical care units, the development of medical care centres in Germany and a listing of the specific advantages and disadvantages of an MCU. This article focuses on the generally applicable facts and complements them with examples from general, visceral and vascular surgery. The main quantitative data on medical centre statistics come from different publications of the National Association of Statutory Health Insurance for Physicians.

Results: From a legal point of view the instrument MCU allows the participating of ambulatory and stationary care in the framework of medical care contracts. This has been especially extended for stationary applications, including the spectrum of possibilities that can contribute under certain circumstances for the provision of medical care in underdeveloped regions. Freelancers can benefit primarily from financial risk and minimising bureaucratic routine. The remuneration for services performed in the MCU is analogous to that of other ambulatory care providers. Basically, there are no disadvantages, but a greater design freedom and opportunities for the generation of aggregates are visible. The number of MCU in Germany has quadrupled in the last five years, indicating an establishment of an outpatient care landscape. MCU offers from the patient’s perspective, providers and policy specific advantages and disadvantages. Indeed the benefits outweigh the disadvantages, but this is not yet verified by qualitative studies.

Conclusion: The question of the appropriateness of medical care units as outpatient care instrumentation must be considered differentially. Under current conditions it appears suitable for ensuring the MCU and the supplement of care supply. Whether a value can be generated in the quality of care of patients, however, has to be examined separately, as there are no valid data so far. The same applies to economic assessments of costs and benefits from an economic perspective.

 
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