PiD - Psychotherapie im Dialog 2012; 13(3): 7-11
DOI: 10.1055/s-0032-1305122
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„Je länger, desto besser?“

Ein Plädoyer für eine differenzielle Indikation zur KurztherapieMarianne  Leuzinger-Bohleber
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Publication Date:
05 September 2012 (online)

Zusammenfassung

„Je länger, desto besser…“ entspricht einem verbreiteten Vorurteil, dass Psychoanalytiker ihren Patienten vor allem lange, hochfrequente Psychoanalysen auf der Couch anbieten. Doch stammt der Slogan nicht von Psychoanalytikern, sondern von Patienten des Consumer Reports von Seligman (1995). Daher wird zuerst ein Einblick in die Häufigkeiten von Kurz- und Langzeitbehandlungen in psychoanalytischen Praxen geboten, um daraufhin einige Argumente zu entwickeln, welche Patientengruppen kaum erfolgreich mit Kurztherapien zu behandeln sind und daher längere Verfahren braucht. Ein Fallbeispiel einer schwer traumatisierten Patientin soll die Langzeitfolgen einer nicht rechtzeitig erfolgten psychotherapeutischen Behandlung illustrieren. Abschließend wird ein Plädoyer für eine differenzielle Indikation zu Kurz- bzw. Langzeitpsychotherapie sowie für Angebote verschiedener therapeutischer Richtungen formuliert.

Weiteres Material zum Artikel

Literatur

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  • 9 Leuzinger-Bohleber M, Rüger B, Stuhr U, Beutel M. „Forschen und Heilen“ in der Psychoanalyse. Ergebnisse und Berichte aus Forschung und Praxis.. Stuttgart: Kohlhammer; 2002
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  • 12 Seligman M EP. The effectiveness of psychotherapy. The Consumer Reports Study.  American Psychologist. 1995;  50 965-974

1 In dieser Hinsicht ist das Fallbeispiel typisch. Bekanntlich werden die meisten sexuellen Übergriffe nicht von Familienmitgliedern (z. B. den Vätern) selbst vollzogen, sondern von Personen im näheren familiären Umfeld (Onkel, Cousins, Nachbarn). Kommt es zu einem Inzest mit dem Vater, geschieht dies allerdings meist jahrelang mit zunehmender Gewalt.

Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber

Direktorin Sigmund-Freud-Institut
c / o Goethe-Universität Frankfurt

Mertonstraße 17

60325 Frankfurt/Main

Email: m.leuzinger-bohleber@sigmund-freud-institut.de

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