Zentralbl Chir 2013; 138(6): 611-615
DOI: 10.1055/s-0032-1315204
Kasuistik
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Mensch als Ersatzteilspender

The Human Being as Replacement Part Donor
S. Altmann
Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Otto-von-Guericke Universität, Magdeburg
,
H.-G. Damert
Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Otto-von-Guericke Universität, Magdeburg
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Publication Date:
18 March 2013 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: In der heutigen Zeit ist die „Ersatzteilchirurgie“ en vogue. Die Verwendung von Kunstnetzen in der Abdominalchirurgie, die Implantation von Silikonprothesen in der Brustrekonstruktion, Kunststoffröhrchen zur Überbrückung von Nervendefekten oder Knochenersatzstoffe – die Liste von etablierten Ersatzteilen in der Chirurgie ist lang. Wir möchten Möglichkeiten zur Verwendung von Eigengewebe alternativ zu Fremdmaterialien aufzeigen. Dabei werden wir auf die Vorteile aber auch auf die Nachteile des Eigengewebes eingehen.

Material und Methoden: Durch die funktionelle Rekonstruktion der Bauchwand bei Hernien und Bauchwanddefekten mit innerviertem Muskelgewebe kann die Bauchwand physiologisch auf Druck- und Spannungsänderungen reagieren. Die Rekonstruktion der Brust nach Ablatio mammae mit Eigengewebe aus Bauch, Bein oder Gesäß bietet langfristig das natürlichste und ästhetisch schönste Ergebnis. In der Extremitätenchirurgie können Schäden an Sehnen, Nerven, Muskeln und Knochen sehr gut durch Eigengewebe rekonstruiert werden. Wir berichten anhand von Kasuistiken über die Möglichkeiten.

Ergebnisse: Durch die Verwendung des M. rectus femoris zur Stabilisierung der Bauchdecke war bei dem Patienten ein langfristiges und stabiles Ergebnis möglich. Die Hebemorbidität des Muskels war gering. Die Bauchdecke kann wieder physiologisch auf Druck- und Spannungsänderungen reagieren. Die Rekonstruktion der Brust durch einen DIEP-Lappen zeigt in Hinblick auf Natürlichkeit sehr gute Ergebnisse. Die Komplikationsrate ist gering. Die Patientin zeigte eine hohe Zufriedenheit über die rekonstruierte Brust und den positiven Nebeneffekt der Bauchdeckenstraffung. Bei Patienten mit Nervenverletzung kann das muskuläre Defizit durch Umsetzung von intakten Muskeln kompensiert werden. Die Funktion des Fußes und das Gangbild wurden erheblich verbessert. Auf das Tragen der Schiene konnte verzichtet werden und sogar die sportliche Betätigung war wieder möglich.

Schlussfolgerung: Die Verwendung von körperfremden Materialien in der Chirurgie ist heute etabliert. Doch vor lauter Euphorie werden oft die Nachteile und möglichen Komplikationen von Fremdmaterialien vernachlässigt. Zum einen ist die Verwendung von Fremdmaterialien häufig sehr teuer und zum anderen sind Komplikationen wie Entzündungen, Fistelbildungen, Abstoßungsreaktionen oder Materialversagen nicht selten. Etablierte Alternativen bietet der Ersatzteilspender Mensch. Durch die Verwendung von Eigengewebe können oftmals langfristig bessere, funktionell stabile und ästhetisch ansprechende Ergebnisse erzielt werden.