Zeitschrift für Komplementärmedizin 2012; 4(6): 19-22
DOI: 10.1055/s-0032-1327938
zkm | Wissen
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Tinnitus – Hintergründe und Pathophysiologie

Agnieszka J. Szczepek
,
Elisabeth R.I. Gerschner
,
Birgit Mazurek
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. Dezember 2012 (online)

Wechselseitige Kommunikation mit unserer Umwelt ist uns Menschen v. a. dank unserer Fähigkeit zu hören möglich. Akustische Reize nehmen wir selbstverständlich mithilfe unserer Ohren wahr ([Abb. 1]). Die Wahrnehmung im eigentlichen Sinne findet allerdings auf der Oberfläche unseres Gehirns, im Bereich des sog. auditorischen Kortexes, statt. Beim Gesunden wird der auditorische Kortex über Neuronen, die Bestandteile der Hörbahn ([Abb. 2]) darstellen, aktiviert.

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Abb. 1 Frontalschnitt durch das rechte Ohr, Ansicht von ventral. © Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Kopf, Hals und Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2009.
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Abb. 2 Afferente Hörbahn des linken Ohres. © Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Kopf, Hals und Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2009.

Diese Neuronen wiederum werden zuvor durch Haarzellen, die eigentlichen Sensoren des auditorischen Systems, erregt, nachdem diese selbst durch Druckänderungen der cochleären Flüssigkeiten gereizt worden sind. Schallwellen, die unser Ohr erreichen, versetzen vermittelt über das Trommelfell unsere Mittelohrknöchelchen in Bewegung.

Bildhaft gesprochen kann man sich die beschriebene Kettenreaktion als „Dominoeffekt“ vorstellen: Der erste fallende Stein würde in diesem Zusammenhang die Auslenkung des Trommelfells symbolisieren ([Abb. 3]), der letzte Dominostein die eigentliche Stimulation des auditorischen Kortexes.

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Abb. 3 Das Hören kann man sich bildhaft als Domino-Kettenreaktion vorstellen: der erste Stein symbolisiert das Trommelfell. © ccvision.

Allerdings kann der auditorische Kortex als Ergebnis pathologischer Prozesse auch ohne die tatsächliche Einwirkung von Schallwellen stimuliert werden. Dieses Phänomen entspräche einer Domino-Kettenreaktion, die eben nicht durch den Fall des ersten Steins, sondern durch den des zweiten, dritten oder eines beliebigen anderen in Gang gesetzt wurde. Eine solche „falsche“ Aktivierung führt zur Wahrnehmung von Phantomtönen im auditorischen Kortex [7], die man auch als Tinnitus bezeichnet.

 
  • Literatur

  • 1 Eggermont JJ. Pathophysiology of tinnitus. Prog Brain Res 2007; 166: 19-35
  • 2 Holmes S, Padgham ND. “Ringing in the ears”: narrative review of tinnitus and its impact. Biol Res Nurs 2011; 13: 97-108
  • 3 Jastreboff PJ, Jastreboff MM. Tinnitus Retraining Therapy (TRT) as a method for treatment of tinnitus and hyperacusis patients. J Am Acad Audiol 2000; 11: 162-177
  • 4 Mazurek B, Olze H, Haupt H, Szczepek AJ. The more the worse: the grade of noise-induced hearing loss associates with the severity of tinnitus. Int J Environ Res Public Health 2010; 7: 3071-3079
  • 5 Mazurek B, Stover T, Haupt H, Gross J, Szczepek A. The role of cochlear neurotransmitters in tinnitus. HNO 2007; 55: 964-971
  • 6 Seydel C, Haupt H, Szczepek AJ, Klapp BF, Mazurek B. Long-term improvement in tinnitus after modified tinnitus retraining therapy enhanced by a variety of psychological approaches. Audiol Neurootol 2010; 15: 69-80
  • 7 Vanneste S, De RD. The auditory and non-auditory brain areas involved in tinnitus. An emergent property of multiple parallel overlapping subnetworks. Front Syst Neurosci 2012; 6: 31
  • 8 Zenner HP, Pfister M, Birbaumer N. Tinnitus sensitization: Sensory and psychophysiological aspects of a new pathway of acquired centralization of chronic tinnitus. Otol Neurotol 2006; 27: 1054-1063