Endoskopie heute 2013; 26 - P6
DOI: 10.1055/s-0033-1333980

Besser Stententfernung vor Chemotherapie? Ein Fallbericht

A Wiese 1, S Uebach 1, F Benedix 1, D Nürnberg 1
  • 1Ruppiner Kliniken, Medizinische Klinik B, Neuruppin, Germany

Bei einer Stenose des oberen Gastrointestinaltrakt ist die endoskopische Stenteinlage ein effektiver und schneller Weg zur Sicherung der Nahrungsaufnahme. Ein 84-jähriger Mann kommt mit zunehmender Dysphagie zur stationären Aufnahme. Weitere Symptome: starke Gewichtsabnahme, Schmerzen, Appetitlosigkeit und Leistungsminderung.

Die initiale Gastroskopie findet einen stenosierenden Tumor (Vd. Karzinom) des ösophagokardialen Übergangs sowie der Gastrojejunostomie (Z.n. Billroth-II-OP). Eine Histologie wird abgenommen. Bei Kachexie erfolgt eine Portanlage sowie die umgehende Einlage eines gecoverten Metall-Stents (18 cm), der Kardia und Restmagen überbrückt und in der abführenden Schlinge endet. Zur weiteren Klärung und palliativen Versorgung erfolgt die Verlegung.

Bei der Übernahme fällt eine Leukozytose auf. Die Durchflusszytometrie weist auf eine B-CLL hin. Sonografie von Abdomen und Lymphknoten, CT von Hals, Thorax und Abdomen bringen keine neuen Aspekte. Eine Kontrollgastroskopie belegt die korrekte Lage des Stents. Die zwischenzeitlich eingehende Histologie aus dem Magentumor bestätigt die endgültige Diagnose: B-CLL.

Bei Stabilisierung des Allgemeinzustandes wird die Indikation zur Immunchemotherapie gestellt (Bendamustin). Der Patient kann in gebessertem Zustand entlassen werden und die Fortsetzung der Chemotherapie erfolgt mit Bendamustin und Rituximab. Die Nahrungsaufnahme hat sich umgehend gebessert. Die Kontrollgastroskopie sieht den Stent jedoch nicht mehr am Applikationsort. Der Stent ist nach distal disloziert und endoskopisch nicht mehr erreichbar. In der Rö-Übersicht ist dieser im Unterbauch nachzuweisen. Bei Beschwerdefreiheit erfolgt zunächst die Entlassung.

Am gleichen Tag kommt es mit starken Unterbauchschmerzen zur Wiederaufnahme. Die Röntgen-Übersicht zeigt einen unveränderten Befund. Die Sonografie findet jetzt freie Flüssigkeit, zeigt Gas im Pfortadersystem und findet den Stent im Unterbauch ausserhalb des Darmes. In einer Akut-OP wird der perforierte Stent entfernt, der Dünndarm verschlossen. Der 84-jährige Patient verlässt nach 14 Tagen in relativ gutem Zustand das Krankenhaus. Die Immunchemotherapie wird fortgesetzt.

Die Einlage eines Stents vor Eingang der Histologie ist sicher möglich. Bei sehr gutem Ansprechen auf die Immunchemotherapie kam es jedoch zu einer kompletten Dislokation, so dass retrospektiv die Entfernung des Stents vor einem zu erwartenden guten Effekt der Immun-Chemotherapie bei B-CLL hätte erwogen werden sollen. Auch hätte auf die Einlage des Stents in Kenntnis der Histologie sicher verzichtet werden können.

Resümee: Schneller Stent hilft zwar erfolgreich die Dysphagie zu beherrschen, ist im Falle des Lymphoms aber als vorschnell anzusehen. Bei bekannter Diagnose ist eine Dyslokation einzukalkulieren.