Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(07): 343
DOI: 10.1055/s-0033-1359939
Korrespondenz | Correspondence
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Langzeit-Therapie mit Protonenpumpenhemmern: Wirklich unbedenklich? – Erwiderung

Long-term use of proton pump inhibitors – really harmles?
S. Haag
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. Februar 2014 (online)

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Es werden sehr wichtige Punkte angesprochen. H2-Blocker wurden und werden weiterhin vor allem postoperativ zur Reduktion u. a. von Stressulzera eingesetzt. Die Wirksamkeit ist jedoch durch die Tachyphylaxie lediglich von kurzer Dauer (wenige Tage) und wird daher zunehmend, vor allem bei protrahierten post-OP-Verläufen, zugunsten der PPI verlassen. In dem Artikel von Batman et al. [1], der im Leserbrief zitiert wird, wird ein durch PPI im Vergleich zu H2-Blockern erhöhtes relatives Risiko von 1,19 mit einem 95 % Konfidenzintervall von 1,03–1,38 beschrieben. Während zwar das Konfidenzintervall mit 1,03 gerade noch das Signifikanzniveau erreicht, wohl aufgrund der hohen Zahl eingeschlossener Patienten, so beschriebt diese Studie ein Phänomen, welches in meinem Beitrag im ersten Abschnitt unter „PPIs und Infektionen“ beschrieben wird.

Unstrittig ist, dass PPIs oftmals unkritisch im Rahmen einer generellen Prophylaxe und ohne Risiko-Nutzen-Abwägung eingesetzt werden. Das Risiko erhöhter Stentthrombosen bei gleichzeitigem Einsatz von PPI ist bekannt und steht in engem Zusammenhang mit dem CYP2P19-Metabolismus. Bereits 2010 konnten Kwok und Loke [4] in einer Metaanalyse an mehr als 93 000 Patienten einen solchen Effekt zusammenfassen und folgerten, dass der Einsatz von Clopidogrel bei gleichzeitiger Einnahme eines PPI nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Analyse erfolgen soll. Es sollte hier bemerkt werden, dass dieser Effekt nur für Omeprazol-Derivate, nicht jedoch für Pantoprazol beschrieben wurde, da dies über einen anderen CYP2C19-Subtyp metabolisiert wird [2]. Gleichzeitig darf an dieser Stelle auch auf die beiden zu diesem Thema publizierten Positionspapiere der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), sowie Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) verwiesen werden [3]. In beiden Positionspapieren finden sich entsprechende Risiko-Nutzen-Abwägungen. Es ist davon auszugehen, dass unter Beachtung der vorliegenden Daten das Risiko für frühe Stentthrombosen deutlich zurückgeht. Zudem werden die neuen Aggreggationshemmer, für die bislang keine Interaktionen mit PPIs beschrieben wurden, vermutlich zukünftig vermehrt Eingang in die postinterventionelle kardiologische Therapie finden.

Maggio et al. berichteten kürzlich eine um 51 % gesteigerte Mortalität für Patienten über 65 Jahre nach Entlassung aus einem Akutkrankenhaus [5]. Eine Meta-Analyse aus 20 randomisierten klinischen Studien konnte hingegen keine erhöhte mit PPI assoziierte (n = 2020) Mortalitätsrate nachweisen (Odds Ratio 1,01; 95 %-Konfidenzintervall 0,74–1,40) im Vergleich zu H2-Blockern oder Placebo (n = 2062). Die hier offensichtliche Diskrepanz zwischen Beobachtungsstudien und kontrollierten Studien kann z. B. auf residuelle Konfounder in epidemiologischen Studien zurückgeführt werden. Patienten, die PPIs einnehmen, haben oft eine erhöhte Komorbidität, die nicht vollständig berücksichtigt wird. Erhöhter Alkoholkonsum, ungesunder Lebensstil, die Einnahme von Kortikosteroiden wären hier als Beispiele aufzuführen. Für keinen dieser Faktoren haben Maggio et al. adjustiert, so dass diese Ergebnisse kritisch beurteilt werden sollten.

Leserbrief