Z Gastroenterol 2014; 52 - P_4_08
DOI: 10.1055/s-0033-1360961

Die RIP3-abhängige Nekroptose inhibiert die inflammatorische Hepatokarzinogenese durch eine Hemmung der Caspase-8- und JNK-abhängigen kompensatorischen Zellproliferation

M Vucur 1, F Reisinger 2, J Gautheron 1, D Vargas Cardenas 1, C Roderburg 1, F Tacke 1, C Trautwein 1, M Heikenwälder 2, T Luedde 1
  • 1Universitätsklinikum RWTH Aachen, Medizinische Klinik III, Aachen, Deutschland
  • 2TUM/Helmholtz-Zentrum München, Institut für Virologie, München, Deutschland

Über Jahre wurde der Begriff Apoptose synonym gebraucht für programmierten Zelltod. Seit kurzem ist aber bekannt, dass ein weiterer programmierter Zelltod-Signalweg existiert, der als programmierte Nekrose oder Nekroptose bezeichnet wird. Diese Zelltodform wird durch Komplexe der Moleküle RIP1 und RIP3 reguliert und zum Beispiel im Rahmen viraler Infektionen aktiviert, wenn die Apoptose blockiert ist. Des Weiteren wurde kürzlich gezeigt, dass Nekroptose den Leberschaden im Rahmen alkoholischer Hepatitiden reguliert. Zurzeit ist aber unklar, ob RIP3-abhängige Nekroptose am Übergang von chronischer Entzündung hin zur Fibrose und Krebsentstehung in der Leber beteiligt ist.

In der aktuellen Studie untersuchten wir die funktionelle Rolle der RIP3-abhängigen Nekroptose im Vergleich zur Caspase-8-abhängigen Apoptose in einem genetischen Modell für spontane inflammatorische Leberkrebsentstehung, welches auf der konditionellen Deletion des Signalmoleküls TAK1 in der Leber beruht. Dazu wurden TAK1-Leberzell-Knockouts (TAK1-LKO) zum einen mit RIP3-/- Tieren oder mit konditionellen Caspase-8-defizienten Mäusen verpaart (TAK1-LKO/RIP3-/- bzw. TAK1/Casp-8-LKO). Diese Untersuchungen ergaben fundamental unterschiedliche Funktionen beider programmierter Zelltodarten in dem murinen Tumormodell. Mittels FACS-Analyse und „cytometric-Bead-Assay“ konnten wir zeigen, dass Caspase-8 Aktivierung in Leberzellen zu einer starken entzündlichen Reaktion bedingt durch ein spezifisches Chemokin-Muster führt. Außerdem bedingen apoptotische Leberzellen eine starke kompensatorische Proliferation anderer Hepatozyten. Eine aCGH-Array Analyse zeigte, dass diese Prozesse außerdem die Entwicklung eines spezifischen Musters chromosomaler Aberrationen (Chr. 4, 8 und 13) in einzelnen Hepatozyten bewirkten. Dadurch wurden einzelne Leberzellklone resistent gegenüber Apoptose und entwickelten sich so zu einem HCC. Im Gegensatz dazu konnten wir zeigen, dass die RIP3-Aktivierung eine inflammatorische Reaktion und Hyperproliferation von Hepatozyten inhibiert. Funktionelle Untersuchungen belegten, dass diese Funktion von RIP3 durch die Inhibition der Caspase-8-abhängigen Aktivierung der Jun-(N)-terminal Kinase (JNK) in Hepatozyten und Immunzellen vermittelt wurde.

Diese Resultate eröffnen eine neue Sichtweise auf die molekularen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Zelltodformen und der Progression chronischer Lebererkrankungen hin zur Krebsentstehung. Eine pharmakologische „Re-Programmierung“ des Zelltodes könnte daher eine neue Strategie in der Prävention und Therapie des HCC bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung darstellen.