neuroreha 2013; 05(04): 153
DOI: 10.1055/s-0033-1363033
Aktuelles aus der Forschung
Gelesen und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interner und externer Aufmerksamkeitsfokus in der Physiotherapie nach Schlaganfall

Rezensent(en):
Jan Mehrholz
1   SRH Hochschule für Gesundheit, Gera gGmbH, Villa Hirsch, Hermann-Drechsler-Str. 2, 07548 Gera
› Institutsangaben
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. Dezember 2013 (online)

Zusammenfassung der Studie

Ziele

Ziel der Studie war es, die von Physiotherapeuten verbal genutzte anteilige Verwendung von internem und externem Aufmerksamkeitsfokus während der Behandlung von Patienten nach Schlaganfall zu evaluieren.


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Methodik

Einschlusskriterien

An der Studie nahmen Physiotherapeuten mit Erfahrung in der neurologischen Behandlung von Patienten teil (mindestens einem Jahr auf Senior Level), die häufig Patienten nach Schlaganfall in zwei unterschiedlichen Krankenhäusern behandeln. Teilnehmende Therapeuten wurden zu Patienten nach Schlaganfall angefragt, die derzeit Gangrehabilitation erhielten und mit der Teilnahme an der Studie inklusive Behandlung und Videoaufzeichnung einverstanden waren. Sowohl die Therapeuten als auch die Patienten erhielten nur die Information, dass man mit der Studie herausfinden will, wie Therapeuten mit Patienten nach Schlaganfall arbeiten. Die Forscher gaben den Studienteilnehmern keine Hinweise über spezifische Ziele der Studie (der Art der Instruktionen bzgl. des Aufmerksamkeitsfokus).


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Design

Es handelt sich um eine nichtteilnehmende beobachtende Studie.


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Interventionen

Ohne die Therapiesituation zu stören, filmten die Beobachter Therapeuten und die Patienten während ihrer Behandlungseinheit. Ziel war es, die Sitzung so real wie möglich zu beobachten und zu dokumentieren.


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Ergebnisparameter

Anschließend werteten die Forscher auf der Basis des Videomaterials die Therapiesitzungen aus. Dabei wurden alle Sitzungen kategorisiert (nach Aufgabe, Instruktion und Rückmeldung) und hinsichtlich der Benutzung spezifischer Instruktionen bzw. Rückmeldungen, die sich auf einen bestimmten Fokus der Aufmerksamkeit (interner oder externer Fokus, gemischt oder unfokussiert) analysiert. Eine verkürzte Analyse der Autoren, aus der die genauere Kategorisierung der Instruktionen hervorgeht, ist der Studie im Appendix beigefügt.

Beispiele der Autoren für Instruktionen/Rückmeldung mit

  • internem Fokus: „Bewegen Sie die Hüften nach links und strecken Sie das Knie vor dem ersten Schritt“ oder „Sie haben Ihr Knie nicht genug gebeugt!“.

  • externem Fokus: „Machen Sie einen Schritt bis zu der Markierung!“ oder „Sie haben diesmal mehr Schritte geschafft“.

  • gemischtem Fokus: „Heben Sie Ihre Zehen an und steigen Sie über den Block!”

  • bzw. einfach unfokussiert: „Weiter so!” oder „Gut!“.


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Ergebnisse

Im Mittel gaben die Therapeuten 76 Instruktionen pro Therapiesitzung (!) und 22 Rückmeldungen. Das entspricht einem Durchschnittswert von einer Instruktion alle 14 Sekunden. Viele Instruktionen gaben die Behandler so, dass die Patienten über viele Einzelheiten der gestellten Aufgabe nachdenken mussten. Die Instruktionen wiederholten sich innerhalb kurzer Zeit oft, was dazu führte, dass Instruktionen auch während der Bewegungsausführung gegeben wurden. Alle Therapeuten nutzten eine Mischung aus internem und externem Fokus bei ihren Instruktionen oder auch unfokussierte Instruktionen.

Im Mittel waren 67 % aller physiotherapeutischen Äußerungen intern fokussierend, 22 % extern fokussierend und 11 % gemischt.


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Schlussfolgerung

Physiotherapeuten instruieren in der Behandlung nach Schlaganfall ihre Patienten häufig so, dass diese sich besonders auf die Bewegung selbst und die Bewegungsausführung (interner Fokus) konzentrieren. Die Autoren weisen darauf hin, dass genau dieser Ansatz die Automatisierung und das motorische Lernen sowie das Behalten von Lernerfolgen behindern kann.


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