Zahnmedizin up2date 2015; 9(1): 10
DOI: 10.1055/s-0034-1396252
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verhinderung der Notwendigkeit einer Sinusbodenelevation durch eine frühe Extraktion von furkationsbefallenen Molaren?

Contributor(s):
M. Kebschull
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Publication Date:
23 January 2015 (online)

Walter C, Dagassan-Berndt DC, Kuhl S et al. Is furcation involvement in maxillary molars a predictor for subsequent bone augmentation prior to implant placement? A pilot study. Clin Oral Implants Res 2014; 25: 1352–1358

Bei der parodontalen Therapie unserer Patienten gab es in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte im Bereich der anti-infektiösen und der regenerativen Therapie. Das wesentliche verbleibende Problemfeld sind furkationsbefallene Oberkiefermolaren. Hier ist bedingt durch anatomische Faktoren oft die antiinfektiöse Therapie nicht so erfolgreich wie bei anderen Zahngruppen, und die Indikationen für regenerative Eingriffe sind sehr eingeschränkt. Die verbleibende Therapieoption eines resektiven parodontalchirurgischen Eingriffes kann sehr zufriedenstellende Langzeitergebnisse zeigen, ist aber sehr techniksensitiv. Daher wird von einigen Autoren propagiert, nicht auf die antiinfektiöse Therapie reagierende furkationsbefallene Molaren sofort zu extrahieren, um aufwendige Augmentationsmaßnahmen bei der folgenden Implantattherapie zu vermeiden.

Aber ist die Annahme, dass zur Verhinderung der Notwendigkeit einer Sinusbodenelevation tatsächlich eine frühe Extraktion von furkationsbefallenen Molaren notwendig sei, wirklich zutreffend? Zur Klärung dieser Frage führten Clemens Walter und Mitarbeiter eine DVT-basierte Pilotstudie an 17 Patienten mit schwerer chronischer Parodontitis durch.

Nach antiinfektiöser Therapie waren bei diesen Patienten an den oberen Molaren noch erhöhte Sondierungstiefen ≥ 6mm und/oder Furkationsbefall festgestellt worden. Zur weiteren Planung des parodontalchirurgischen Vorgehens war dann eine dreidimensionale Bildgebung mittels DVT durchgeführt worden.

An insgesamt 32 oberen Molaren (17 erste und 15 zweite Molaren) wurde in den DVT-Aufnahmen daraufhin als primärer Endpunkt die Knochenhöhe im Bereich des Furkationsdachs bestimmt und im Hinblick auf den im dreidimensionalen Bild quantifizierten Furkationsbefall sowie die Taschensondierungstiefe ausgewertet. Bei der Analyse wurde angenommen, dass Knochenhöhen ≤ 4mm eine Indikation zu einem externen Sinuslift darstellen würden. Eine Restknochenhöhe von über 6 mm könne mit einer Implantation mit gleichzeitiger transalveolärer (interner) Sinuselevation behandelt werden.

Die durchschnittliche Restknochenhöhe im Bereich des Furkationsdachs von oberen Molaren mit schwerer Parodontitis betrug 4,1 ± 2,6 mm, wobei in 75 % der Fälle eine Höhe von ≤ 6 mm und in fast 60 % eine Höhe von nur ≤ 4 mm unterhalb des Sinus vorlag. In Fällen mit residualen Sondierungstiefen ≥ 6 mm an mindestens 2 Stellen pro Zahn nach antiinfektiöser Therapie war das Risiko für eine Restknochenhöhe von ≤ 4 mm wesentlich erhöht.

Fazit

Diese Studie zeigt, dass ein großer Teil der oberen Molaren bei Patienten mit schwerer Parodontitis eine stark eingeschränkte Knochenhöhe unter dem Sinus aufweisen. Eine frühzeitige Extraktion von oberen Molaren mit Furkationsbefall verhindert nach den Ergebnissen dieser Studie nicht die Notwendigkeit eines Sinuslifts vor/bei Implantatversorgung. Bei furkationsbefallenen Molaren ist daher ein schrittweises Vorgehen mit initialem ernsthaftem Bemühen um den Zahnerhalt, etwa durch einen resektiven Eingriff, anzuraten.