Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594095
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Trauer auf Intensivstation – eine empirische Erhebung

J Heinig
1   Leipziger Palliativgesellschaft, Palliativnotdienst Nordsachsen SAPV, Leipzig, Deutschland
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Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Die Intensivstation – eine Funktionseinheit zur Behandlung schwerster und lebensbedrohlicher Krankheitsverläufe unter hohem invasiv-technischen und medikamentösen Aufwand, sowie fachkundiger ärztlicher und pflegerischer Versorgung und Überwachung – ist zunächst ein Ort sachlicher und konzentrierter Arbeitsweise mit hohem Anspruch an alle Mitarbeitenden aller Teilbereiche. Eine wichtige emotionale Komponente tritt hinzu, sobald Angehörige zur Besuchszeit die Station betreten: Bereits wenn die Erkrankung der Patientin, des Patienten einen kritischen Verlauf nimmt, erst recht, wenn die Grenzen des medizinisch Machbaren erreicht werden, wird die TRAUER als Folge der eingetretenen oder zu erwartenden VERLUSTE die gesamte Wahrnehmung der Angehörigen beeinflussen. Das verändert ihr Verhalten. Die Pflegekräfte, die strukturbedingt am häufigsten und am längsten mit diesen BesucherInnen im Kontakt sind, reagieren häufig ambivalent mit besonderer Zuwendung oder Vermeidung jeglicher Annäherung. Wie wird die Trauer im Bereich einer Intensivstation wahrgenommen, wie wird sie von allen Beteiligten erlebt und gelebt? In vier Bundesländern Deutschlands, auf neun Intensivstationen unterschiedlichster Prägung, wurden über 200 Fragebögen ausgegeben. Die Studie befasst sich in seiner Fragestellung mit dem konkret inhaltlichen Wissen über Verlust- und Trauererfahrungen. Viele Teilnehmenden nutzten diese Studie, um der großen Bedeutung dieser Thematik Ausdruck zu verleihen. Sehr unterschiedliche Wahrnehmungen wurden beschrieben und teilweise gleiche Situationen, gegensätzlich erlebt. Für einerseits ausweglos wirkende Konflikte konnten an anderer Stelle verblüffend einfache Lösungsansätze aufgezeigt werden. Weniger in der Vermeidung von kontroversen Haltungen und Handlungen konnten gute Begleitungen stattfinden, als vielmehr im bewussten Kennenlernen und der Akzeptanz individueller Verschiedenartigkeit.