Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594105
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Postmortale Korneaspende in der Palliativmedizin – ein Bericht über ein standardisiertes Herangehen

T Steigleder
1   Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Deutschland
2   Universitätsklinikum Erlangen, Neurologische Klinik, Erlangen, Deutschland
,
S Weigel
1   Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Deutschland
,
L Schrems-Hösl
3   Universitätsklinikum Erlangen, Augenklinik, Erlangen, Deutschland
,
S Stiel
1   Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Deutschland
,
C Ostgathe
1   Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Deutschland
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Hintergrund:

In Deutschland werden ca. 6000 Korneae/Jahr transplantiert und funktionell blinden Menschen das Augenlicht wiedergegeben. Allerdings besteht Mangel an Transplantaten. Mögliche Ursache ist das Gespräch über Gewebespende angesichts terminaler Erkrankung. In unserer Palliativmedizinischen Abteilung führten wir ein standardisiertes Vorgehen ein und berichten über den Effekt auf die Zahl der Transplantate und das multiprofessionelle Personal (MPP).

Methode:

Wir führten eine Standard Operating Procedure zu Gewebespende ein (SOPG), die ein Gespräch dazu bei Aufnahme im Rahmen von Vorausverfügungen (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht) vorsieht. MPP wurde geschult, empathisch auf mögliche Emotionen und Belastungen des Patienten oder Angehörigen einzugehen. Wir untersuchten die Zahl der Gewebespenden und evaluierten MPP mittels einer 6-Punkt-Likert-Skala hinsichtlich ihrer Bereitschaft, die Gewebespende zu thematisieren (1 = am größten, 6 = am geringsten), und die damit wahrgenommenen Belastung (1 = am geringsten, 6 = am stärksten) vor und nach der Implementierung von SOPG und ein semi-strukturiertes Interview wurde mit MPP geführt.

Ergebnis:

Bei 49% der Aufnahmen konnte SOPG umgesetzt werden. In 12 Monaten vor SOPG wurden bei 212 Patienten, die in stationärer Behandlung verstarben, 2 Spender rekrutiert, in 12 Monaten mit SOPG 13 unter 202 Patienten. 17 MPP wurden befragt. Die Belastung wurde durch SOPG reduziert (Median prae SOPG 4, post SOPG 2, p < 0,05) und die Bereitschaft, das Gespräch zu führen, erhöht (prae 5,5, post 1,5, p < 0,01, Abb. 1). Die häufigsten Ursachen für emotionale Belastung waren „Assoziation mit dem Tod“, „fehlende Ausbildung“ und „unpassend“, wahrgenommene Vorteile „Erhalt der Patientenautonomie“, „Gelegenheit bei der Entscheidungsfindung zu helfen/zu informieren“.

Schlussfolgerung:

SOPG ist durchführbar, führte zu mehr Gewebespenden, reduzierte die emotionale Belastung des MPP und steigerte die Bereitschaft, Gespräche zu Gewebespende zu führen.