Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594160
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sichtweisen leitender Intensivmediziner zur ärztlichen Handlungspraxis am Lebensende: Eine nationale Befragung

S Langer
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut der Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle/Saale, Deutschland
,
I Stengel
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut der Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle/Saale, Deutschland
,
S Fleischer
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut der Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle/Saale, Deutschland
,
R Stuttmann
2   Berufsgenossenschaftliches Klinikum Bergmannstrost, Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Schmerztherapie, Halle/Saale, Deutschland
,
A Berg
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut der Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle/Saale, Deutschland
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Fragestellung:

Im Rahmen therapiebegrenzender Maßnahmen spielen Patientenverfügungen (PVen) eine entscheidende Rolle. Diese werden jedoch weiterhin kontrovers diskutiert. In der vorliegenden Studie wurden deshalb die Sichtweisen leitender Intensivmediziner zum Umgang mit PVen und zur ärztlichen Handlungspraxis hinsichtlich therapiebegrenzender Maßnahmen am Lebensende erhoben.

Methode:

Die Stichprobe bildeten alle deutschen Kliniken mit einer Mindestanzahl von 300 Betten sowie einer anästhesiologisch geführten Intensivstation (n = 299). Jede Klinik erhielt postalisch einen standardisierten Fragebogen, der sich an jeweils einen leitenden Intensivmediziner richtete.

Ergebnis:

Der Rücklauf betrug 74,2% (n = 222/299). Über 90% der Intensivmediziner äußern Formulierungsprobleme in PVen und Schwierigkeiten bei der Übertragbarkeit auf den konkreten Krankheitsfall. Korrespondierend wünschen sich 95,9% (n = 207/216), dass eine qualifizierte ärztliche Beratung zur PV stattfindet. 36,1% (n = 79/219) der Intensivmediziner kennen das Konzept der gesundheitlichen Vorausplanung (Advance Care Planning, ACP); angewendet wird es von 11,3% (n = 24/212). Dennoch wird von 70,6% (n = 154/218) der Ärzte auch eine unklar formulierte PV als hilfreich eingeschätzt. Acht von zehn Kliniken führen die finale Extubation gemäß dem Patientenwillen durch; die Hälfte der Ärzte erlebt den Vorgang der finalen Extubation als belastend. Für ein Drittel der Befragten (n = 66/218) ist ein unwiderrufbarer Therapieabbruch problematisch, da durch die Handlung der Tod unmittelbar eintritt. Im „Patientenverfügungsgesetz“ sehen 47,3% (n = 98/207) der Intensivmediziner eine Minimierung der Sorge um unterlassene Hilfeleistung.

Schlussfolgerung:

Die Ergebnisse machen die Akzeptanz des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten deutlich, zeigen aber auch, dass zukünftig weitere unterstützende Konzepte wie beispielsweise ACP zu einer wirksamen Umsetzung des Patientenwillens im intensivmedizinischen Alltag nötig sind.