Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594162
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einführung einer Verfügung für Notfälle und Akutereignisse („Augsburger Notfallplan“) zur Verbesserung der notfallmäßigen Versorgung von PatientInnen unter Berücksichtigung des aktuellen, vorausverfügten oder mutmaßlichen Willens

E Eichner
1   Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e.V., Augsburg, Deutschland
,
J Fischer
2   Augsburger Palliativversorgung gemeinnützige GmbH, Augsburg, Deutschland
,
I Sorge
3   Juristische Fakultät der Universität Augsburg, Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht, Augsburg, Deutschland
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Dezember 2016 (online)

 

Fragestellung:

Wie kann die notfallmäßige Versorgung von PatientInnen unter Berücksichtigung des festgestellten Willens so erfolgen, dass Notärzte gemäß dem Patientenwillen handeln (können)?

Methodik:

Eine Projektgruppe erarbeitete seit Juli 2014 ein einseitiges DIN-A4-Dokument „Notfallplan“. Eingebunden wurden medizinethische Expertise sowie ein strafrechtliches Gutachten zur Statusklärung des Dokuments.

Ergebnis:

  1. Eine „normale“ Patientenverfügung deckt Notfallsituationen oft nicht mit ausreichender Bestimmtheit ab und kann deswegen oft vom Notarzt nicht beachtet werden.

  2. Der Augsburger Notfallplan erfüllt alle juristischen Voraussetzungen der Patientenverfügung nach §1901a BGB, wenn er vom volljährigen und einwilligungsfähigen Patienten selbst unterschrieben ist. Damit ist er rechtlich unmittelbar bindend.

  3. Sowohl aufgrund der Reichweite solcher Willensäußerungen als auch der Komplexität sowie Vielfalt von Akutsituationen soll ein Notfallplan in ein Advance Care Planning (ACP) eingebettet werden. Bei der Einführung eines Notfallplans müssen deswegen alle drei ACP-Elemente (professionell unterstützter Kommunikations-Prozess, Dokumentation und regionale Implementierung) umgesetzt werden.

  4. Für den Fall, dass ein Betroffener nicht mehr in ein Krankenhaus gebracht bzw. keinerlei intensivmedizinische Maßnahmen erhalten will und dieser in einer Notfallsituation nicht sofort aufgrund des (dem Willen folgenden) Unterlassens verstirbt, stellt sich für den Notarzt die Frage einer qualifizierten Anschlussversorgung. Denn das Zurücklassen eines Menschen in akuter Not bedeutet ggf. unterlassene Hilfeleistung, wenn der Notarzt zu einem weiteren Notfall-Einsatz muss.

Schlussfolgerung:

Ein Notfallplan ist ein wesentliches Element eines regionalen Advance Care Planning (ACP)-Programms, das in Augsburg als notwendig und zielführend angesehen wird. Der qualifizierte Beratungsprozess muss nun vor Aufnahme der Pilotphase definiert werden.