Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594203
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Palliative Sedierung“? Kontinuierliche Gabe von Sedativa innerhalb der letzten 7 Lebenstage auf einer Palliativstation

EK Schildmann
1   Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, München, Deutschland
,
S Pörnbacher
1   Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, München, Deutschland
,
C Bausewein
1   Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, München, Deutschland
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Dezember 2016 (online)

 

Hintergrund:

Obwohl Leitlinien für Palliative Sedierung (PS) existieren, ist unklar, wann die Gabe von Sedativa „PS“ darstellt. Das Fehlen einer gemeinsamen Definition wird als ein Grund für das breite Spektrum der PS-Prävalenz gesehen.

Ziel:

Beschreibung der Häufigkeit, Indikationen, Dauer und Dosis kontinuierlicher (kont.) Sedativa und des Gebrauchs des Begriffs „PS“ bei Palliativpatienten in den letzten 7 Lebenstagen.

Methoden:

Retrospektive Analyse der Krankenakten und Medikamente (Benzodiazepine, Levomepromazin, Haloperidol ≥5 mg/d, Propofol; Applikation kont. oder intermittierend gemäß der Wirkdauer) der auf einer deutschen Palliativstation 8/2014 – 7/2015 Verstorbenen. Deskriptive Statistik mit SPSS 23.

Ergebnisse:

149/192 Patienten (Pat.) (78%) erhielten in den letzten 7 Lebenstagen kont. Sedativa. Midazolam (n = 144/97%) wurde am häufigsten benutzt, gefolgt von Haloperidol (n = 18/12%) und Levomepromazin (n = 4/3%). Für 21 Pat. (14%) wurde die Therapie in den Akten „Sedierung“ genannt, für n = 2 (1%) „PS“. Die häufigsten Indikationen für kont. Sedativa waren Unruhe (n = 51/34%) und Angst (n = 40/27%), die mediane Dauer der Gabe war 2,3 Tage (Spannweite. 0,5 Std.-16,2 Tage). Für 82 Pat. (55%) wurden die kont. Sedativa in den letzten 72 Stunden gestartet. Die mediane Midazolam-Dosis stieg zum Tod hin an: Die mediane Gesamtdosis am Todestag war 12,5 (Spannweite 1 – 240)mg. Die maximalen Midazolam-Tagesgesamtdosen der 2 Pat., deren Therapie „PS“ genannt wurde, waren 135 und 58 mg. Insgesamt 9 Pat. hatten maximale Midazolam-Tagesgesamtdosen über 60 mg (max. 240 mg). Sedierungstiefe war nicht konsistent dokumentiert.

Fazit:

Die meisten Pat. erhielten kont. Sedativa, v.a. Midazolam, innerhalb der letzten 7 Lebenstage, mit zum Tod hin steigenden Dosen. Nur für wenige Pat. wurde diese Therapie „Sedierung“ oder „PS“ genannt. Qualitative Studien können bei der Suche nach Gründen helfen, warum die Gabe vergleichbarer Substanzen und Dosen unterschiedlich benannt wird.