Pneumologie 2016; 70(12): 826-830
DOI: 10.1055/s-0036-1596069
Abstract
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zerebrale Luftembolie mit multilakunärem Infarkt nach CT-gesteuerter, transthorakaler Biopsie zur Sicherung eines Lungenkarzinoms

A Frille
1   Abteilung für Pneumologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
,
S Papra
1   Abteilung für Pneumologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
,
HJ Seyfarth
1   Abteilung für Pneumologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
,
A Oltmanns
1   Abteilung für Pneumologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
,
G Borte
2   Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
,
H Wirtz
1   Abteilung für Pneumologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
08 December 2016 (online)

 

Kasuistik:

Ein 75-jähriger Patient stellte sich zur Abklärung einer in der FDG-PET hypermetabolen, malignitätssuspekten pleuraständigen Raumforderung im linken Oberlappen vor. Bekannt waren eine interstitielle Lungenerkrankung (radiologisches Muster einer Histiozytose), ein ehemaliger Nikotinabusus (40 pys) und eine progrediente Belastungsdyspnoe. Da bronchoskopisch weder direkte noch indirekte Tumorzeichen auffällig waren, erfolgte eine transthorakale CT-gesteuerte Biopsie mit einer Stanze. Bereits unmittelbar nach der Gewebegewinnung fiel im CT ein schmaler Pneumothorax (5 mm) links auf. Fünfzehn Minuten später kam es schlagartig zu mehrmaligem Erbrechen und einer konvulsiven Episode mit anschließendem Bewusstseinsverlust. Nach intensivmedizinischer Stabilisierung zeigte die kraniale CT rechtsbetonte, disseminierte Hypodensitäten entlang der Mediaendäste, die bei einer kurzzeitig postinterventionell abgrenzbaren Luftsichel in der Aorta ascendens suggestiv für Luftembolien waren. Die MRT zeigte dort multiple frische demarkierte kortikale Infarkte beidseits. Die transösophageale Echokardiografie blieb frei von Spontankontrast. Der Pneumothorax wurde mittels Saugdrainage und die zerebrale Luftembolie mit hyperbaren Oxygenierungstherapie (HBOT) behandelt. Der Patient entwickelte rezidivierende konvulsive Episoden, die im Verlauf unter Levetiracetam sistierten. Nach Extubation und Verlegung auf Normalstation persistierte eine linksseitige Hemiparese, die sich nach Rehabilitation vollständig regredient zeigte. Histologisch wurde ein großzellig neuroendokrines Karzinom der Lunge diagnostiziert.

Diskussion:

Die CT-gesteuerte transthorakale Lungenbiopsie stellt eine etablierte Intervention zur histologischen Sicherung peripherer Raumforderungen dar. Häufige Komplikationen sind Pneumothorax (15 – 25%, davon drainagepflichtig 4 – 6%) und pulmonale Hämorrhagien (4,7%), hingegen kommen Tumoraussaat entlang des Punktionsweges (0,06%) und die systemische Luftembolie (0,06 – 0,4%) sehr selten vor. Letzteres kann mit zerebraler, pulmonal- und koronararterieller Embolie einhergehen und deshalb akut lebensbedrohlich sein. Klinisch sind Brustschmerz, konvulsive Episoden, Stammhirndysfunktionen und Aktivierung der Gerinnungskaskade möglich. Neben den Supportivmaßnahmen stellt eine unverzügliche HBOT die Therapie der Wahl dar.