Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605693
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wissen und Infektionsrisiken bezüglich HIV unter Migrant/innen aus Subsahara-Afrika in Deutschland – Ergebnisse der MiSSA-Studie

C Koschollek
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
,
A Kuehne
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
,
V Bremer
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
,
A Thorlie
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
,
C Santos-Hövener
1   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Migrant/innen aus Subsahara-Afrika (MiSSA) sind relevant für die HIV-Epidemiologie in Deutschland (DE), 2015 entfielen 16% der HIV-Neudiagnosen auf MiSSA. Bisher gibt es wenig Daten zu Wissen und Infektionsrisiken in Bezug auf HIV von in DE lebenden MiSSA. Um diese zu erheben, führte das RKI eine partizipative Studie unter MiSSA durch.

Methodik:

Von 2015 – 2016 wurden im Rahmen eines Convenience-Samplings Daten zu Wissen und Infektionsrisiken bezüglich HIV unter MiSSA in 6 Städten in DE erhoben. Geschulte Peer Researcher rekrutierten Teilnehmende (TN), Fragebögen auf Deutsch, Englisch und Französisch konnten von TN selbst oder im Interview ausgefüllt werden. Wissen wurde anhand 10 wahren Aussagen erfasst – TN sollten angeben, ob ihnen die Informationen bereits bekannt waren – und beeinflussende Faktoren in einem multivariablen zwei-Ebenen-Modell mittels logistischer Regression analysiert. Fragen zum Sexualverhalten wurden univariabel nach Geschlecht stratifiziert betrachtet.

Ergebnisse:

Von 3.040 TN waren 54% männlich, der Altersmedian lag bei 31, die mediane Aufenthaltszeit in DE bei 5 Jahren. Mittlere Reife/Abitur hatten 35%, 82% waren regulär krankenversichert. Allgemeines Wissen zu HIV, z.B. zu Übertragungswegen, war > 80% der TN bekannt, Informationsbedarfe bestanden bezüglich lokaler Testangebote (54% bekannt) und dazu, dass HIV kein Ausweisungsgrund ist (57% bekannt). Unter kürzlich migrierten TN, TN mit geringerem sozioökonomischen Status sowie unter muslimischen und jüngeren TN war das Wissen geringer. Sexuelles Risikoverhalten wurde häufiger von Männern angegeben; sie berichteten häufiger Sex mit nicht-festen Partner/innen sowie eine höhere Anzahl an Sexpartner/innen.

Schlussfolgerungen:

Präventionsmaßnahmen sollten auf Gruppen mit erhöhten Informationsbedarfen abzielen, Informationen zu Testangeboten und rechtlichen Folgen einer HIV-Infektion verbreitet werden. In genderspezifischen Interventionen sollte die Risikowahrnehmung für Männer adressiert werden.