Nervenheilkunde 2007; 26(12): 1130-1135
DOI: 10.1055/s-0038-1626971
Original- und Übersichtsarbeiten - Original and Review Articles
Schattauer GmbH

Unverarbeitete Verlusterfahrungen und Angststörungen

Eine transgenerationale Pilotstudie bei Müttern und deren KindernUnresolved experiences of loss and anxiety disordersA trans-generational pilot study with mothers and their children
A. Buchheim
1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. H. Kächele)
,
U. Ziegenhain
2   Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. J. Fegert)
,
A. Peter
1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. H. Kächele)
,
H. von Wietersheim
1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. H. Kächele)
,
A. Vicari
1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. H. Kächele)
,
A. Kolb
2   Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. J. Fegert)
,
U. Schulze
2   Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Leiter: Prof. Dr. med. J. Fegert)
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Publication Date:
22 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Zielsetzung der vorliegenden Studie war es, erstmals im deutschen Sprachraum die generationsübergreifenden Zusammenhänge zwischen Angststörungen bei Müttern und möglichen Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder im Kindergartenalter im Kontext der Weitergabe von Bindungsmustern zu untersuchen. Um bindungsspezifische Risikofaktoren zu identifizieren, wurden sowohl die Mütter als auch deren Kinder mit Methoden der Bindungsforschung untersucht. Entsprechend unserer Hypothese wurde bei den Müttern mit einer manifesten Angststörung ein hoher Anteil an unsicherer Bindungsrepräsentation und insbesondere unverarbeiteter Trauer klassifiziert. Die Kinder dieser Mütter zeigten ebenso zu einem hohen Prozentsatz unsicherer Bindungsmuster, jedoch nicht wie erwartet keinen erhöhten Anteil an desorganisierter Bindung. Die kinder- und jugendpsychiatrische Untersuchung führte bei den meisten Kindern zum Befund einer nachweisbar erhöhten psychosozialen Belastung und Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus, wenn auch nicht im psychiatrisch auffälligen Bereich. Hier liegen die Chancen für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit rechtzeitigen, auch präventiven Angeboten und Hilfen, wie sie in der klinischen Versorgungslandschaft derzeit noch nicht systematisch vorgehalten werden.

Summary

Aim of the study was to examine for the first time in Germany the trans-generational relationship between maternal anxiety disorders and the psychopathological development of their children in the context of attachment. In order to identify attachment related risk factors mothers and children were both examined using established attachment measures. According to our hypothesis a high percentage of the mothers with an anxiety disorder were classified with an insecure attachment representation, especially with a predominance of the category “unresolved loss”. Children of these mothers also showed a high percentage of insecure attachment patterns, but a lower percentage of disorganized attachment than expected. The psychiatric examination of the children revealed an evidence of increased psychosocial stress and an impairment of psychosocial functioning, though not reaching the severity of a psychiatric diagnosis. These results are discussed with respect to the chance of interdisciplinary cooperation. The importance of timely preventive intervention for this patient group, which is still not systematically implemented in health care provision, is emphasized.