Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): 616
DOI: 10.1055/s-0038-1655518
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prävalenz und Prädiktoren für die Nicht-Anwendung komplementärmedizinischer Therapien bei Patientinnen mit Mamma- oder gynäkologischen Krebserkrankungen

C Wiedeck
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
E Klein
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
A Hapfelmeier
2   Institut für Medizinische Statistik und Epidemiologie, Technische Universität München
,
M Kiechle
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
D Paepke
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
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Publication History

Publication Date:
25 June 2018 (online)

 

Einleitung:

Komplementär und alternativmedizinische (CAM) Maßnahmen werden von vielen Krebspatienten in Anspruch genommen. Bisherige Studien zeigten, dass die Anwendung von CAM u.a. mit einem höheren Einkommen, jüngerem Alter und höheren Bildungsstatus korreliert. Die Gründe und Prädiktoren für den Verzicht auf die Anwendung von CAM (NON-CAM) bei Patientinnen mit Brustkrebs und gynäkologischen Karzinomen sind bisher noch unklar. Diese Studie befasste sich mit der Prävalenz von NON-CAM-Use und untersuchte Faktoren, welche diese beeinflussen.

Methoden:

Eingeschlossen wurden Patientinnen mit Mamma- (N = 285) und gynäkologischen Karzinomen (N = 291), welche im Jahr 2012 (Mammakarzinom) beziehungsweise in den Jahren 2011 – 2013 (gynäkologische Karzinome) in der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar operiert worden waren. Die Datenerhebung erfolgte mittels zwei Fragebögen, einen für CAM-Nutzer (72 Fragen) und einen für Non-CAM-Nutzer (47 Fragen), welche per Telefoninterview mit 333 Patientinnen durchgeführt wurden. Die Untersuchung von NON-CAM-Use und möglichen Einflussfaktoren erfolgte mittels deskriptiver und univariater Datenanalyse.

Ergebnisse:

Das Interview konnte mit 333 der 576 Patientinnen durchgeführt werden (58%), wobei 192 Patientinnen an Brustkrebs und 141 Patientinnen an einem gynäkologischen Karzinom erkrankt waren. 42% der Patientinnen verwendeten in Bezug auf ihre Krebserkrankung keine CAM-Therapien und galten somit als Non-CAM-User. 81% der Non-CAM-User gaben an, keine Empfehlung hinsichtlich einer Anwendung von CAM-Therapien erhalten zu haben, wobei 53% sich diesbezüglich mehr Information durch ihren behandelnden Arzt gewünscht hätten. Als Begründung für den Verzicht auf CAM-Maßnahmen wurde von 76% angegeben, ihre konventionelle Therapie als ausreichend zu empfinden und daher keine zusätzlich Anwendung von CAM zu benötigen. 44% gaben als Grund einen Mangel an Information über CAM an. 31% hatten Angst vor Betrügern und 22% der Patientinnen hatten Angst vor Nebenwirkungen der CAM- Therapien bzw. Wechselwirkungen mit der schulmedizinischen Therapie. Bei Fortschreiten der Erkrankung würden jedoch 68% der Non-Cam-User eine Anwendung von CAM-Therapie in Betracht ziehen und nur 27% würden auch dann kein CAM verwenden. 73% der Non-CAM User wünschen sich eine Ausbildung von Ärzten im Bereich der komplementären Medizin und ebenso würden 73% der Patientinnen eine Integration der Komplementärmedizin in das Gesundheitssystem befürworten. Des Weiteren konnten statistisch signifikante Korrelationen zwischen soziodemographischen Charakteristika und dem Verzicht auf CAM-Therapien identifiziert werden.

Zusammenfassung:

Unsere Studie zeigte ein ausgeprägtes Interesse an komplementären und alternativen Heilverfahren (CAM) auch bei den Non-CAM Usern. Ärzte und andere dem Gesundheitswesen angehörige Therapeuten sollten sich dieses Interesses bewusst sein und Patientinnen über den möglichen Benefit von CAM-Therapien informieren. Um den Bedürfnissen unsere Patientinnen besser entgegenzukommen, implementierte die Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar 2013 eine Sprechstunde, welche die Patientinnen proaktiv hinsichtlich etablierter integrativer Verfahren und komplementärmedizinischer Therapien berät.