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DOI: 10.1055/s-0038-1660662
Ergebnisse einer Assistenten-Umfrage, welche geburtsmedizinischen Maßnahmen unterlassen werden könnten („Choosing Wisely“)
Publication History
Publication Date:
06 June 2018 (online)
Zielsetzung:
Die Einführung evidenzbasierter Negativ-Empfehlungen wurde in Deutschland im Rahmen von „Gemeinsam klug entscheiden“ der AWMF empfohlen. In der Pränatal- und Geburtsmedizin ist dieses Anliegen nicht verwirklicht. Daher wollten wir wissen, inwieweit hier Negativkriterien jungen Ärzten bekannt sind.
Methoden:
Mit dem Softwarepaket SoSci Survey haben wir zwischen November 2016 und Mai 2017 eine Online Befragung junger Assistenzärzte und Fachärzte durchgeführt. Wir warben für unseren Fragebogen auf Kongressen und online Fortbildungen (Clara Angela Fondation und Gyn-to-Go) und via Facebook des Jungen Forums. So konnten 176 Interviews ausgewertet werden. Der Inhalt unserer Befragung bezog sich vorwiegend auf die 10 „Choosing Wisely“ Kriterien, die 2014 von der Society for Maternal Fetal Medicine veröffentlicht wurden.
Resultate:
„Choosing Wisely“ Kriterien |
Konforme Antwort |
(Keine) Veranlassung einer erbliche Thrombophilieuntersuchung vor der nächsten Schwangerschaft bei Vorgeschichte von früher Präklampsie |
38,4% |
(Keine) Cerclage bei Zwillingsschwangerschaft in der 20 SSW und ersten Zeichen einer Frühgeburt |
27,3% |
(Keine) Untersuchung der fetalen DNA bei Schwangerer ohne Risikofaktoren für chromosomale Erkrankungen (< 35 Jahre, keine fam. Erkrankungen) |
85,8% |
(Keine) Doppleruntersuchungen zum Screening für Wachstumsretardierung |
23,4% |
(Kein) Progesteron bei Mehrlingsschwangerschaften |
25,9% |
(Keine) Routinemäßig transvaginale Sonografie der Zervix vor 16 SSW und nach 24 SSW zum Screening für Frühgeburten |
14,1% |
(Keine) vermehrten CTGs bei gut eingestelltem Gestationsdiabetes und normal gewachsenem Kind |
38,6% |
(Keine) Aktivitätsreduktion bei Schwangeren mit Risiko für eine Frühgeburt |
25,0% |
(Kein) Erst-Trimester Screening Serum nach cfDNA Test mit unauffälligem Befund |
33,8% |
(Kein) Screening nach Cytomegalie |
19,4% |
(Kein) Screening nach Toxoplasmose |
13,1% |
Diskussion:
Die Ergebnisse zeigen, dass Assistenzärzte nur bei einem Kriterium (unnötige Untersuchung eines genetischen Risikos) wie in Negativkriterien gewünscht, auf evidenzbasierter Grundlage zurückhaltend sind. In 9/10 Kriterien neigen sie zur „Übertherapie“. Die Ursachen können an eigener Unsicherheit oder an unzureichender Ausbildung von unnötigen Maßnahmen liegen. Wünschenswert sind jedoch eine Einstellung wie im „Triple Aim“: Gesundheit der Gesellschaft, Patientenzufriedenheit und Kostenreduktion zu vereinbaren.
Literatur:
Berwick et al. The triple aim: care, health and cost Health Aff. 2008; 27:759 – 69