Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): A67
DOI: 10.1055/s-0038-1660662
Postersession: Samstag, 9. Juni 2018: 10.30 – 11.30 Uhr, Foyer
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ergebnisse einer Assistenten-Umfrage, welche geburtsmedizinischen Maßnahmen unterlassen werden könnten („Choosing Wisely“)

L Schradin
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Mutter-Kind Zentrum der Philipps-Universität Marburg, Clara Angela Fondation Witten-Berlin
,
N Timmesfeld
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Mutter-Kind Zentrum der Philipps-Universität Marburg, Clara Angela Fondation Witten-Berlin
,
B Arabin
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Mutter-Kind Zentrum der Philipps-Universität Marburg, Clara Angela Fondation Witten-Berlin
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Publication History

Publication Date:
06 June 2018 (online)

 
 

    Zielsetzung:

    Die Einführung evidenzbasierter Negativ-Empfehlungen wurde in Deutschland im Rahmen von „Gemeinsam klug entscheiden“ der AWMF empfohlen. In der Pränatal- und Geburtsmedizin ist dieses Anliegen nicht verwirklicht. Daher wollten wir wissen, inwieweit hier Negativkriterien jungen Ärzten bekannt sind.

    Methoden:

    Mit dem Softwarepaket SoSci Survey haben wir zwischen November 2016 und Mai 2017 eine Online Befragung junger Assistenzärzte und Fachärzte durchgeführt. Wir warben für unseren Fragebogen auf Kongressen und online Fortbildungen (Clara Angela Fondation und Gyn-to-Go) und via Facebook des Jungen Forums. So konnten 176 Interviews ausgewertet werden. Der Inhalt unserer Befragung bezog sich vorwiegend auf die 10 „Choosing Wisely“ Kriterien, die 2014 von der Society for Maternal Fetal Medicine veröffentlicht wurden.

    Resultate:

    Choosing Wisely“ Kriterien

    Konforme Antwort

    (Keine) Veranlassung einer erbliche Thrombophilieuntersuchung vor der nächsten Schwangerschaft bei Vorgeschichte von früher Präklampsie

    38,4%

    (Keine) Cerclage bei Zwillingsschwangerschaft in der 20 SSW und ersten Zeichen einer Frühgeburt

    27,3%

    (Keine) Untersuchung der fetalen DNA bei Schwangerer ohne Risikofaktoren für chromosomale Erkrankungen (< 35 Jahre, keine fam. Erkrankungen)

    85,8%

    (Keine) Doppleruntersuchungen zum Screening für Wachstumsretardierung

    23,4%

    (Kein) Progesteron bei Mehrlingsschwangerschaften

    25,9%

    (Keine) Routinemäßig transvaginale Sonografie der Zervix vor 16 SSW und nach 24 SSW zum Screening für Frühgeburten

    14,1%

    (Keine) vermehrten CTGs bei gut eingestelltem Gestationsdiabetes und normal gewachsenem Kind

    38,6%

    (Keine) Aktivitätsreduktion bei Schwangeren mit Risiko für eine Frühgeburt

    25,0%

    (Kein) Erst-Trimester Screening Serum nach cfDNA Test mit unauffälligem Befund

    33,8%

    (Kein) Screening nach Cytomegalie

    19,4%

    (Kein) Screening nach Toxoplasmose

    13,1%

    Diskussion:

    Die Ergebnisse zeigen, dass Assistenzärzte nur bei einem Kriterium (unnötige Untersuchung eines genetischen Risikos) wie in Negativkriterien gewünscht, auf evidenzbasierter Grundlage zurückhaltend sind. In 9/10 Kriterien neigen sie zur „Übertherapie“. Die Ursachen können an eigener Unsicherheit oder an unzureichender Ausbildung von unnötigen Maßnahmen liegen. Wünschenswert sind jedoch eine Einstellung wie im „Triple Aim“: Gesundheit der Gesellschaft, Patientenzufriedenheit und Kostenreduktion zu vereinbaren.

    Literatur:

    Berwick et al. The triple aim: care, health and cost Health Aff. 2008; 27:759 – 69


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