Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(1): 8
DOI: 10.1055/s-0041-110717
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erwiderung

PSA – recent recommendations of the S3 guideline

Authors

  • Annabel Spek

    1   Klinikum der Universität München, Urologische Klinik und Poliklinik
  • Christian Stief

    1   Klinikum der Universität München, Urologische Klinik und Poliklinik
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Publication Date:
28 December 2015 (online)

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Wir danken Frau Schaefer für ihre Anmerkungen.

Betrachtet man die wichtigste zitierte Literatur, so fällt Folgendes auf:

  • Der PLCO-Trial [1] ist schlecht konzipiert und praktisch umgesetzt: Bei 44 % der Studienteilnehmer war bereits vor dem Einschluss ein PSA-Test durchgeführt worden und bei 85 % wurde während der Studie in beiden Armen das PSA bestimmt. Bei über 60 % mit verdächtigen Screening-Ergebnissen wurde keine zeitnahe Biopsie durchgeführt.

  • Die Schlussfolgerungen der U.S. Preventive Services Task Force (USPSTF) [2], die ebenso auf die tägliche Arbeit des Arztes Einfluss nehmen, erinnert eher an die Transparenz der Vergabe von Fußballweltmeisterschaften als an einen verantwortungsvollen Umgang mit Zahlen und Daten [2].

  • Die europäische Screeningstudie ERSPC [3] ist von einem hochangesehenen herausragenden Kollegen sehr gut konzipiert. Aber das Konzept und die Daten sind 25 Jahre alt (die ersten Patienten wurden 1993 eingeschlossen) [3].

Auch in diesem Gebiet wurden in den letzten Jahren einige Änderungen aufgrund des Fortschrittes in der Medizin durchgesetzt: Mit dem Basiswissen von heute (z. B. Prostatagröße, PSA-Verlauf, Alter) wäre die Indikation zur Biopsie wesentlich besser gestellt worden als es in der Studie der Fall war (Einschlusskriterium ist „Biopsie bei PSA von 4“) [4]. Damit sind die heutigen aktuellen Ergebnisse auch viel besser als in der Studie berichtet. Hinzu kommt außerdem, dass durch den Einsatz eines mpMRT der Prostata – dem Game Changer in der Diagnostik – die Indikation zur notwendigen Biopsie nochmals viel präziser gestellt werden kann [5].

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass Prostatakarzinome heutzutage anders als noch vor 25 Jahren diagnostiziert werden und die konsekutive Therapie sich zum individuellen Wohl und der Lebensqualität des einzelnen Patienten deutlich aufgefächert hat (z. B. durch Active Surveillance und Fokale Therapie [4]). Überbehandlungen werden somit dramatisch reduziert und der Behandlungserfolg signifikant verbessert [7], [8]. Die Voraussetzungen zum Rekrutierungszeitpunkt zur ERSPC-Studie auf die Behandlungsrealität von heute zu übertragen wäre vergleichbar mit dieser Situation: Man betrachtet die Ergebnisse der Behandlung des Magengeschwürs und nimmt dazu 25 Jahre alte Studien – bei denen verschiedene chirurgische Verfahren verglichen werden, ohne zu berücksichtigen, dass in der Zwischenzeit Helicobacter pylori entdeckt wurde. Oder als Beispiel außerhalb der Medizin: Um einen Vergleichstest des iPhone 6 mit seinem Nachfolger 6S vorzunehmen, müssten wir Daten von Motorola- oder Siemens-Handys der ersten Generation heranziehen, nur damit wir Langzeitdaten präsentieren. Und das obwohl die Hersteller auf diesem Gebiet nicht mehr tätig und die Geräte obsolet sind.

Wir wollen daher unseren Beitrag als eine praktische Anleitung „How to do“ 2015 und nicht als eine letztlich korrekte, aber wenig praxisrelevante Literaturrecherche verstehen.

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