neuroreha 2016; 08(01): 46-47
DOI: 10.1055/s-0041-111310
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Veranstaltungsbericht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

3rd European Congress of NeuroRehabilitation ECNR in Wien 2015

Jan Mehrholz
1   Private Europäische Medizinische Akademie der Klinik Bavaria in Kreischa GmbH, An der Wolfsschlucht 1–2; 01731 Kreischa
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Publication History

Publication Date:
18 March 2016 (online)

Vom 1. bis 4.12.2015 trafen sich etwa 1200 Teilnehmer, darunter vornehmlich Therapeuten und Ärzte und mehr als 150 geladene Redner in der Wiener Hofburg zum Europäischen Kongress ein. Mehr als 60 verschiedene Hauptthemen in Seminaren, Vorträgen, Workshops und Postern präsentiert füllten den internationalen Kongress.

Am Mittwoch, 2.12.2015, fand das Seminar „Frührehabilitation“ unter der Leitung von Marcus Pohl ([Abb. 1]) statt. Dort wurde unter anderem die Frührehabilitationsstudie vorgestellt, deren Daten in 16 Zentren Deutschlands und unter Berücksichtigung von etwa 780 Patienten 2014 gewonnen wurden. Sie wurde mit einer Frührehabilitationsstudie aus dem Jahr 2002 verglichen. Mehr als 17 % aller Eingangsdiagnosen stellt nunmehr die Critical-Illness-Polyneuropathie/-myopathie. Sie ist damit die zweithäufigste Belegungsdiagnose der Frührehabilitation. Die Critical-Illness-Polyneuropathie/-myopathie war auch ein Thema der Diskussion; es wurde auf Zusammenhänge zwischen der Motorik und der Kognition eingegangen. Bisher ist nicht geklärt, welche Ursachen der auf Intensivstationen erworbenen Kognitionseinschränkung zugrunde liegen. Man geht davon aus, dass eine systemisch bedingte Veränderung diese Defizite verursacht.

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Abb. 1 Marcus Pohl leitete das Symposium „Frührehabilitation“. (Abb.: Jan Mehrholz)

Ein Vortrag von Christoph Bucka zum Umgang mit prolongiertem Delir und anhaltender Verwirrtheit zeigte, wie man Patienten mit Delir optimal behandeln kann. Anschließend trug Jens Rollnick aus Hessisch Oldendorf zu multiresistenten Erregern in der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation vor und stellte die zum Teil mangelnde Aufnahmebereitschaft von Kliniken für Patienten mit solchen Keimen in den Fokus.

Das Seminar zum Thema Balance und Reha nach Schlaganfall fragte unter der Leitung von Professor Alexander Geurts aus den Niederlanden: „Was können wir besser machen?“

Zuerst berichtete Dominic Pérennou ([Abb. 2]) aus Grenoble in Frankreich, welche Bedeutung die posturale Orientierung nach Schlaganfall hat und welche Unterschiede zwischen posturaler Orientierung und posturaler Kontrolle bestehen. Er unterscheidet zwischen visueller und gravitativer Orientierung im Raum und geht davon aus, dass verschiedene Hirnzentren die Orientierung im Raum kontrollieren.

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Abb. 2 Dominic Pérennou (Abb.: Jan Mehrholz)

Jaap Burke ([Abb. 3]) aus Enschede, Niederlande, ging darauf ein, was wir Therapeuten können (Gehleistungen verbessern) und was nicht (Gangqualität verbessern). Darüber hinaus stellte er verschiedene Fälle vor und fragte bei einer Patientin: „Wird diese Frau wieder ganz normal laufen können?“ Die Antwort war ein klares „Nein“. Daher präsentierte er wichtige Alternativen wie Umstellungsosteotomien, Muskelverlängerungen und -verlegungen.

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Abb. 3 Jaap Burke (Abb.: Jan Mehrholz)

Alexander Geurts aus Nijmegen, Niederlande setzte in seinem Beitrag vor allem auf invasive funktionelle Elektrostimulation ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Professor Alexander Geurts (Abb.: Jan Mehrholz)

In dem Seminar mit dem Titel „Kognitive Strategien für die motorische Rehabilitation“ gab Ferdinand Binkowski aus Aachen zunächst eine Einführung in Spiegelneurone und die Videotherapie. Anschließend beschrieb Christian Dohle aus Berlin das Thema Spiegeltherapie ausführlicher. Er zeigte, dass neben der Motorik auch die Sensorik, die Schmerzen, der Neglekt profitieren ([Abb. 5]). Die Erklärung der Wirkungsweise der Spiegeltherapie war spannend: auf die Sensorik durch bilaterale Repräsentation, auf den Neglekt durch sogenannte Halbfeldstimulation und auf den Schmerz durch Veränderung der Schmerzrepräsentation. Vor allem aber sei die Aufmerksamkeit bei der Spiegeltherapie der entscheidende Faktor.

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Abb. 5 Christian Dohle spricht im Zeremoniensaal über die Spiegeltherapie. (Abb.: Jan Mehrholz)

Herr Christian Dettmers aus Konstanz stellte zum „Training mittels Bewegungsvorstellung“ die neurophysiologischen Grundlagen vor. Er deutete wiederholt darauf hin, dass nicht alle Patienten sich Bewegung gleichermaßen gut vorstellen können und dass daher Probanden auch in Bewegungsvorstellung geübt werden sollten.

Der nächste ECNR-Kongress findet voraussichtlich 2017 in Rom statt.