Z Geburtshilfe Neonatol 2022; 226(S 01): S19
DOI: 10.1055/s-0042-1748617
Abstracts | DGPGM

Interdisziplinäres Management bei Schwangerer mit Long-QT-Syndrom (LQTS) Typ 2 sub partu

I Muth
1   Klinik für Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Jena
,
A Köhler
1   Klinik für Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Jena
,
K Rose
1   Klinik für Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Jena
,
R Surber
1   Klinik für Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Jena
,
E Schleußner
1   Klinik für Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Jena
› Author Affiliations
 

Einleitung Das LQTS Typ 2 ist eine autosomal dominant vererbte Veränderung des myokardialen Kaliumkanals, welche eine Verlängerung des QT-Intervalls bedingt. Getriggert kann diese zu Synkopen, ventrikulären Arrhythmien und plötzlichem Herztod führen. Fetale Arrhythmien werden nur selten, Tot- und Fehlgeburten hingegen 8mal bzw. doppelt so häufig beobachtet. Betablocker reduzieren das Risiko maternaler kardialer Events, sind aber mit fetaler Wachstumsrestriktion assoziiert.

Fallbeschreibung 28-jährige Erstgravida mit LQTS Typ 2 (heterozygote Punktmutation im KCNH2-Gen [HERG-Kalium-Kanal]), 2011 Implantation eines Einkammer-ICD (Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator) nach kardiopulmonaler Reanimation bei plötzlichem Herztod 2011, Aggregatwechsel 2017, bis 2017 vier Schockabgaben des ICD bei Kammerflimmern. Nach Umstellung der β-Blockertherapie auf Bisoprolol 5mg/d war die Patientin seit 2017 eventfrei.

Mit 39+0 Schwangerschaftswochen erfolgte die Geburtseinleitung mit Cook-Ballon und nachfolgend Propess in Peridualanästhesie (PDA) bei erhöhtem umbilikalen Widerstand nach unauffälligem Schwangerschaftsverlauf. Unter PDA mit Monitoring des Elektrokardiogramms und der Sauerstoffsättigung sowie anästhesiologischem Stand by kam es zu einer raschen Muttermundseröffnung. Der ICD wurde durch Auflage eines Ringmagneten inaktiviert. Bei hinterer Hinterhaupslage mit sekundärer Wehenschwäche und pathologischem Cardiotokogramm in der Austreibungsphase wurde die Patientin nach vorsichtiger, passagerer Oxytocin-Augmentation mit 30 ml/h (5IE in 500ml Jonosteril) und Episiotomie mittels Vakuumextraktion vom Beckenboden von einem term, lebensfrischen, hypotrophen Mädchen (2615g, APGAR 9/10/10, NapH 7,22) entbunden. Bei unauffälliger Anpassung verblieb das Kind bei der Mutter und musste lediglich bei rezidivierenden Hypoglykämien und Trinkschwäche zugefüttert werden.

Nach unauffälliger Plazentarperiode Beendigung der Oxytocingabe und Reaktivierung des ICD.

Der pathologische Untersuchungsbefund der Plazenta erbrachte eine subakute Subchorionitis ohne fetale Entzündungsreaktion. Die familiäre KCNH2-Genmutation war im Nabelschnurblut nicht nachweisbar.

Ergebnisse Eine intensive interdisziplinäre Begleitung ermöglicht Schwangeren dieses Hochrisikokollektivs eine vaginale Entbindung. Die kontinuierliche β-Blockertherapie sub partu und post partum sind dabei zur Eventprophylaxe unerlässlich.



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Article published online:
11 May 2022

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